Eichenau:Kräftige Jungs

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Lukas Müller von der Hebergemeinschaft Eichenau/Landshut stellt gegen den AC Weiden seine persönliche Bestleistung ein. (Foto: Johannes Simon)

In den Reihen des SV gibt es einige hochkarätige Gewichtheber-Nachwuchstalente. Dennoch führt dieser Sport eher ein Schattendasein

Von Karl-Wilhelm Götte, Eichenau

Gewichtheber Jannick Bergmann vom Eichenauer SV hat am Vormittag in seiner Klasse das Jugend-Weihnachtsturnier gewonnen. Doch auch abends gibt der 15-Jährige den Ton an: Zu seiner aus dem Rocky-Film bekannten Trompetenfanfare marschieren alle Teilnehmer des Wettkampfs zur Siegerehrung in der Friesenhalle ein.

Die Hebergemeinschaft aus Eichenau/Landshut hat in der Teamwertung wenig überraschend gegen den Bayernliga-Tabellenführer AC Weiden deutlich mit 341,8:426,9 Relativpunkten verloren. Eichenau/Landshut ist jetzt Dritter in der Bayernliga, besitzt aber mit Lukas Müller ein großes Gewichthebertalent. Als er zu einem Versuch auf die Bühne kommt, verbeugt sich der kleine, stämmige Sportler vorschriftsgemäß vor dem unmittelbar an der Bühne sitzenden Hauptkampfrichter Alwin Otto. Im sogenannten Reißen, der ersten Disziplin der Gewichtheber, bei dem das Gewicht in einem Zug mit gestreckten Armen nach oben gebracht werden muss, kommt Müller dreimal auf die Bühne. Alle seine drei Versuche sind gültig. Nach dem dritten Versuch ballt er die Faust und jubelt kurz, nachdem er das Gewicht wieder auf den Boden hat fallen lassen. "102 Kilo sind persönliche Bestleistung für mich", erklärt er.

102 Kilo mögen nicht nach einer sonderlich spektakulären Leistung klingen. Diese Bild ändert sich aber beim Blick auf die persönlichen Daten: Der Eichenauer ist erst 15 Jahre alt und mit nicht einmal 76 Kilo ein Leichtgewicht. "Die 102 Kilo waren eine Erlösung", sagt der Eichenauer später. Häufig hat er dieses Hantelgewicht zuvor probiert und war immer daran gescheitert. Diesmal aber brachte er die 102 Kilo technisch gekonnt nach oben. Auch sein Trainer Konstantin Konstantinov klatscht zufrieden in die Hände. "Zieh sie hoch", hatte er zuvor seinen Schützling lautstark angefeuert, der dem Jugend-Bundeskader angehört und eine aussichtsreiche Gewichtheberkarriere vor sich haben könnte. "Ich war früher mal beim Turnen", erzählt Müller, "Gewichtheben hat mir aber gleich viel mehr Spaß gemacht." Er schafft in der zweiten Disziplin, dem Stoßen, 120 Kilo. An den 123 Kilo scheitert er dann.

"Wir werden noch von ihm hören", prophezeit Eichenaus Mannschaftstrainer Joachim Ruess. Der heute 55-jährige frühere aktive Heber hat seit fast 40 Jahren mit Gewichtheben zu tun und erkennt schnell, ob jemand für diesen Sport Talent hat oder nicht. Ruess ist sich sicher: "Lukas ist ein Lichtblick." Er bedauert, dass Gewichtheben kein Trendsport ist. Ruess weiß natürlich auch, dass die zahlreichen Dopingfälle vornehmlich osteuropäischer Heber dem Image des Sports sehr geschadet haben.

Auch der Bayernligawettkampf in Eichenau ist kein Publikumsmagnet. In der großen Friesenhalle verlieren sich die 25 Zuschauer, die Hälfte davon ist aus Weiden angereist. Zurzeit interessieren sich auch wenig Kinder für diesen Kraftsport. "Das notwendige regelmäßige Training" schrecke vor allem die Mädchen ab, vermutet Jean Hoffmann, die selbst für den ESV an die Hantel ging und jetzt als zweifache Mutter etwas kürzer tritt.

Der Eichenauer SV erlebte schon glorreichere Zeiten. Einst mischte der Verein in der ersten Bundesliga mit, jahrelang dann zumindest in der zweiten Liga. Seit drei Jahren bekommt man eine Sechsermannschaft nur noch mit Hilfe einer Hebergemeinschaft mit Landshut zusammen. Dabei verfügt der ESV mit der Friesenhalle über eine nahezu perfekte Trainingsstätte für Gewichtheber. "Für den Körper ist es das kompletteste Training", sagt Georg Sinl, der seit 20 Jahren Gewichtheben betreibt. "Zu uns kommen immer wieder Handballer und Volleyballspieler und machen mit der Langhantel Kniebeugen, um ihre Sprungkraft zu trainieren." Kfz-Meister Sinl trainiert zweimal die Woche, früher waren es fünfmal. Mit 32 Jahren sieht er für sich kein Steigerungspotenzial mehr, aber mit 93 Kilo im Reißen und 113 Kilo im Stoßen sammelte er mit nicht einmal ganz 71 Kilo Körpergewicht immer noch 70 Punkte.

© SZ vom 21.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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