Die Satzung geht vor:Religionsfreies Seeufer

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Auf der Suche nach einem geeigneten Ort für ihren Taufgottesdienst wird die evangelische Gemeinde in Olching abgewiesen

Von Julia Bergmann, Olching

Wenn die Menschen nicht mehr in die Kirche gehen, muss die Kirche eben zu den Menschen kommen. So viel scheint in Zeiten der Krise sicher zu sein. Blöd nur, wenn die Menschen der Kirche die Tür vor der Nase zuschlagen. So sieht es zumindest ein Gröbenzeller, der am vergangenen Sonntag am Taufgottesdienst der evangelisch-lutherischen Johanniskirche in Olching teilnehmen wollte.

Näher bei den Menschen, nämlich direkt am Olchinger See und unter freiem Himmel sollte die Feier stattfinden. Doch dann musste sie kurzfristig an den Emmeringer See verlegt werden, erklärt der Gröbenzeller. Die Stadt Olching hatte die Veranstaltung nämlich verboten. "Zur Begründung hieß es, die Satzung des Erholungsgebiets erlaube eine derartige Veranstaltung nicht, da die Ruhe der Badegäste gestört werde", sagt der Gottesdienstbesucher. Eine Aussage, die der Mann, selbst oft Badegast am Olchinger See, als "unmöglich" empfindet. Immerhin fänden am Ufer häufig spontane und vor allem laute Zusammenkünfte Jugendlicher statt. Auch aus den nahegelegenen Gastrobetrieben, sei oft laute Musik zu hören, "und keiner beklagt sich".

Bei der Gemeinde nachgefragt, erklärt Rathaussprecherin Julia Henderichs, die Stadt habe den Gottesdienst aus einem guten Grund nicht genehmigt. "Die Stadt ist bestrebt, sämtliche religiösen, politischen und kommerziellen Veranstaltungen von öffentlichen Naherholungsflächen fernzuhalten." Das sei auch so in der entsprechenden Satzung festgelegt. Denn man habe in der Vergangenheit bereits schlechte Erfahrungen mit Veranstaltungen am See gemacht. Zwar nicht mit der evangelischen Gemeinde, aber im Zuge der Gleichbehandlung, sei man gezwungen, entweder alle religiösen Feiern zuzulassen oder keine.

In Emmering gibt es eine solche Satzung nicht. Der Taufgottesdienst am Emmeringer See war der erste seiner Art, erklärt Rathausgeschäftsführer Markus Pree. Soweit er wisse, sei alles gut verlaufen. Aber auch im Vorfeld habe es von Seiten der Gemeinde keinerlei Bedenken hinsichtlich der Genehmigung gegeben. "Wir haben damit kein Problem", sagt Pree. Die Verwaltung bestand lediglich darauf, dass sich die evangelische Gemeinde selbst um die benötigte Ausstattung, also etwa die Sitzbänke, und die Stromversorgung kümmert. "Wir würden auch bei Katholiken oder bei einer buddhistischen Feier nicht nein sagen", meint Pree.

Und die Kirche? Pfarrerin Simone Oppel gibt zu, dass sie zunächst verärgert gewesen sei, als die Absage von der Stadt Olching gekommen war. "Zumal ich weiß, dass es in anderen Gemeinden möglich ist", sagt sie. Am Waldsee in Gernlinden hält die Gemeinde bereits seit einigen Jahren Taufgottesdienste ab. Allerdings sagt die Pfarrerin auch, die Olchinger Verwaltung habe ihr nicht mitgeteilt, dass aus Gründen der Gleichberechtigung jede religiöse Veranstaltung untersagt sei. Es habe lediglich geheißen, Badegäste könnten sich durch den Gottesdienst gestört fühlen. Ärgerlich, aber mittlerweile für sie fast wieder vergessen, denn: "Es war ein wunderschöner Taufgottesdienst." Und das nächste Mal will sie gleich in Emmering fragen.

© SZ vom 14.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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