Demografische Entwicklung:Überalterte Belegschaft

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Inzwischen ist jeder vierte Arbeitnehmer im Landkreis älter als 50 Jahre. Den Firmen bereiten die Folgen des demografische Wandels große Sorgen.

Von Anna Landefeld-Haamann

Brucks Arbeitnehmer werden immer älter. Inzwischen ist gut jeder Vierte älter als 50 Jahre. So stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im Alter von 50 bis 64 in den vergangenen zehn Jahren um knapp 51 Prozent von 7940 auf 12 015. Dies geht aus einer aktuellen Studie der IKK classic hervor. Diese Entwicklung begründet Klaus Kamitz, Regionalgeschäftsführer der IKK classic, vor allem mit dem demografischen Wandel. Dieser mache sich mittlerweile nicht nur in den ländlichen ohnehin schon strukturschwachen Regionen, sondern auch in den Ballungsgebieten bemerkbar. "Die Alterspyramide verschiebt sich - die Lebenserwartung verlängert sich, die Geburten gehen zurück." Zudem treten insbesondere Akademiker immer später ins Berufsleben ein. Gleichzeitig hat sich das Renteneintrittsalter erhöht. So ist in Fürstenfeldbruck der Anteil der 50- bis 64-jährigen Arbeitnehmer mit 28,5 Prozent höher als im benachbarten Landkreis Starnberg (27 Prozent), in München-Stadt (24,2 Prozent) und auch als der bayernweite Durchschnitt (27,6 Prozent).

"Bruck ist eine Pendlerstadt", so Michael Steinbauer, Vorsitzender des IHK-Gremiums Dachau-Fürstenfeldbruck. Viele haben zwar hier ihren Wohnsitz, arbeiten aber in München. Inzwischen kämen die Münchener Unternehmen auch schon auf regionale Berufsmessen und werben um Auszubildende und Fachkräfte. Viele Lehrstellen in der Region Fürstenfeldbruck bleiben so unbesetzt. "Der Fachkräftemangel ist ein Dilemma und der Ausbildungsmarkt ein umkämpftes Feld", beschreibt Steinbauer die Situation. Denn als stellvertretender Personalleiter der Deutsche Doka in Maisach ist auch er unmittelbar davon betroffen. So liegt beispielsweise das durchschnittliche Alter der Mitarbeiter im Vertrieb der Doka bei 48 Jahren. Einerseits sei dies sicherlich Ausdruck einer hohen Loyalität der Arbeitnehmer. Andererseits sei dieser Zustand beängstigend. Für die Doka bedeutet dies, dass sie rund 20 Prozent ihrer Vertriebler in den nächsten zehn bis 15 Jahren ersetzen muss. Darüber hinaus falle mit jedem Mitarbeiter, der altersbedingt in Rente gehe, meistens auch ein über lange Jahre persönlich aufgebautes Firmen- und Kundennetzwerk weg.

Wichtig sei für die Betriebe zunächst, sich um motivierten und gut ausgebildeten Nachwuchs zu bemühen. Gleichzeitig müsse darüber nachgedacht werden, wie man die ältere Generation in neuen Rollen in die Mitarbeiterstruktur einbinden könne. "Erfahrene Leute sind der Überbau eines jeden Unternehmens", so Steinbauer. Bei der Deutschen Doka wolle man ältere Mitarbeiter bereits vor der Rente verstärkt als Coaches, Trainer oder Paten einsetzen, damit sie ihre Erfahrung an Jüngere weitergeben können. In diesem Zusammenhang müsse auch über flexiblere Arbeitszeiten nachgedacht werden. Nicht nur für junge Familien sei es wichtig, Familie und Beruf miteinander vereinbar zu können, sondern auch für die Generation 50plus sei Heimarbeit oder stundenweises Arbeiten interessant.

Ebenfalls von großer Bedeutung sei es, die älteren und auch jüngeren Mitarbeiter gesund und motiviert zu halten. "Gesundheitsmanagement ist das A und O", so Steinbauer. So scheidet laut Statistischem Bundesamt mehr als jeder Vierte (27,8 Prozent) aus gesundheitlichen Gründen aus seinem Beruf aus. Außerdem fehlte ein über 59 Jahre alter Arbeitnehmer durchschnittlich 29 Tage und damit fünfmal länger als sein Kollege unter 20 Jahren, so ein aktueller Gesundheitsbericht der IKK. Am häufigsten blieben die älteren Mitarbeiter wegen Muskel-, Skelett- sowie Herz-Kreislauferkrankungen zu Hause. Beinahe jeder zweite (47,2 Prozent) aber kann aufgrund einer chronischen Erkrankung nicht arbeiten gehen. Trotzdem würde schätzungsweise nur ein Drittel der Unternehmen seinen Mitarbeitern präventive Gesundheitskurse anbieten, so IKK-Presserreferent Markus Neumeier. Jedoch schafft der Staat Anreize. So sind Kosten für Rücken-, Entspannungstraining oder Raucherentwöhnung bis zu einer Höhe von 500 Euro pro Beschäftigten und Jahr steuer- und sozialversicherungsfrei. Allerdings ist kein Unternehmen gesetzlich dazu verpflichtet, seinen Beschäftigten solche Kurse auch anzubieten.

In zehn bis 15 Jahren werden auch die letzten der "Babyboomer", der geburtenstarken Jahrgänge zwischen 1955 und 1964, in den Ruhestand gehen. "Die derzeitige Situation ist nur die Spitze des Eisbergs", so Neumeier. Trotz aller Maßnahmen und Konzepte seien die meisten Unternehmen nur unzureichend auf die sich verändernden Altersstrukturen vorbereitet.

© SZ vom 19.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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