Bürgerversammlung:Hitziger Streit über Nutzung der Erdwärme

BV Puchheim

Unter Druck: Bürgermeister Norbert Seidl (Zweiter von links) erläutert Besuchern der Bürgerversammlung die Pläne für die Anlage.

(Foto: Günther Reger)

Das geplante Geothermieprojekt ist erwartungsgemäß das Aufregerthema. Anwohner befürchten, dass es Erdbeben auslösen könnte und sie auf den Schäden sitzen bleiben

Von Karl-Wilhelm Götte, Puchheim

Schon am Eingang zum Puchheimer Kulturzentrum Puc ist klar, dass die Geothermie bei der Bürgerversammlung im Saal das Hauptthema des Abends sein würde. Vor der Tür steht Inge Bauernfeind und verteilt Flyer an die Besucher mit der Aufschrift "Stop Geothermie in Puchheim". Nach den Erdbeben in Poing, das dort in Zusammenhang mit der Geothermie gebracht worden ist, ist die Aufregung der Puchheimer besonders groß und die Bürgerinitiative hat enormen Zulauf bekommen. In der Diskussion sicherte Puchheims Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) den Geothermie-Kritikern zu, dass "ohne die Zustimmung der Stadt nichts passieren wird". Ob sie das durchsetzen kann, bleibt abzuwarten.

"Das Kapital der Stadt Puchheim ist unendlich", versicherte Seidl den Kritikern. Die Stadt gehört zusammen mit der Geysir Europe GmbH einer Kommanditgesellschaft an, die als Fördergesellschaft gegründet und die Geothermieanlage auf einem Feld am Laurenzerweg südlich der FFB 11 errichten wird, so der Plan und der Beschluss des Stadtrates vom August dieses Jahres. Der Netzbetreiber Bayernwerk ist zur Abnahme der erzeugten Fernwärme verpflichtet. Die Stadt ist Minderheitskommanditistin der "Geopex Gmbh & Co. KG", so der Name der gemeinsamen Fördergesellschaft. Mehrheitskommanditist ist die Geysir Europe GmbH, die ihre Adresse auf Gelände der Bavaria Filmgesellschaft in Grünwald hat. Die Geysir GmbH betreibt ähnliche Projekte in Taufkirchen, Starnberg, Neuried, im Allgäu und in Italien. Die geologischen Untersuchungen wurden in Puchheim von der Exorka GmbH vorgenommen, einer hundertprozentigen Tochter der Geysir Europe.

Bürgermeister Seidl räumte ein, dass das Geothermie-Projekt "viele Leute nervös macht". Seidl: "Es werden keine Häuser wie beim Erdbeben in Friaul zusammenstürzen." Würde es Risse an den Häusern geben, "muss das reguliert werden", meinte Seidl. Das werde man in die Verträge aufnehmen. Das würden jedoch keine unendlichen Schäden sein. "Es wird nicht um Millionenbeträge gerungen werden", sagte Seidl und warf 25 000 Euro in die Debatte. Sofort bekam er heftigen verbalen Gegenwind aus der Versammlung. "Sie lavieren sprachlich herum", warf ihm Klaus Ebbrecht vor. "Das Bayernwerk in Poing hat jeden Zusammenhang mit dem Beben abgestritten." Der Diskutant brachte "viele ungelöste Fragen", wie er sagte, auf den Punkt: "Wer haftet für den Schaden und wen kann ich haftbar machen?" Auf Seidls Zusicherung, dass die Stadt für mögliche Schäden an den Häusern eintritt, gab Ebbrecht nicht viel. "Sie können mir das nicht versprechen." Er befürchtete auch, dass die Rechtskosten weit höher ausfallen könnten als der entstandene Schaden. "Ich kann mir das leisten, andere nicht", erklärte Ebbrecht unter dem Beifall der 30 anwesenden Mitglieder der Bürgerinitiative unter den 120 Besuchern.

Dirk Reimann, der an der Egenhoferstraße etwa 500 Meter vom geplanten Geothermiestandort wohnt, befürchtet durch den Betrieb der Anlage, dass Wasser in die Keller eindringt, weil der Grundwasserspiegel nur etwa zwei Meter unter der Erdoberfläche liegt. Unterstützt wurde diese Argumentation auch durch einen anderer Redner, der erläuterte, dass bei der Geothermie nicht nur senkrecht, sondern auch "waagerecht unter unseren Häusern gebohrt wird". Seidl bestätigte das und kündigte für Januar oder Februar kommenden Jahres eine Informationsveranstaltung zum Thema an. "Wir wollen die Energiewende positiv gestalten", positionierte sich der Bürgermeister, spürbar beeindruckt von der Kontroverse, "aber das Projekt nicht auf Biegen und Brechen durchführen".

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