Bürgerentscheid in Türkenfeld:Edeka darf umstrittenen Supermarkt bauen

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Knappe Mehrheit für einen Edeka-Markt am Ortseingang: Die Stichfrage gibt bei zwei Bürgerentscheiden in Türkenfeld den Ausschlag. Hat eine Hochglanz-Werbung die Wahl der Bürger beeinflusst?

Manfred Amann

Die Mehrheit der Türkenfelder hat sich am Sonntag dafür ausgesprochen, dass die Gemeinde für die Ansiedlung eines Edeka-Lebensmittelmarktes am Ortseingang neben der Schule das Baurecht schafft. Den Ausschlag gab bei zwei gegensätzlichen Bürgerentscheiden die Stichfrage. Sowohl das Ratsbegehren der Gemeinde als auch das Bürgerbegehren der Interessengemeinschaft Dorferneuerung (IG) erreichten das erforderliche Quorum von 20 Prozent und jeweils beim Ja auch eine klare Stimmenmehrheit.

In der Stichfrage votierten aber 926 Wahlberechtigte dafür, dass die Zielsetzung des Ratsbegehrens verfolgt wird; nur 803 Bürger kreuzten hier an, dass die von der IG gewünschte Dorferneuerung Vorrang hat. 56 Stimmen waren ungültig. Die Beteiligung war hoch, sie lag bei 62,96 Prozent. 1785 von 2844 Wahlberechtigten gingen zur Urne.

Beim Bürgerentscheid 1, dem Ratsbegehren, machten 876 das Kreuzchen bei Ja, 843 bei Nein und 66 Voten waren ungültig. Beim Bürgerentscheid 2, dem Bürgerbegehren der IG, stimmten 879 mit Ja und 799 mit Nein. Ungültig waren hier 107 Stimmzettel. "Es scheint, als wären zahlreiche Urnengänger unschlüssig gewesen, wofür sie stimmen sollten und hätten dann eben nur in der Stichfrage ihren Willen zum Ausdruck gebracht", kommentierte einer der wenigen Wartenden in der Schule die widersprüchlichen Ergebnisse. Die erst in der Stichfrage unterlegene IG hatte bei ihrem Bürgerentscheid drei Ja-Stimmen mehr als die siegreiche Gemeinde mit dem Ratsbegehren.

Als Wahlleiter Joachim Waldbaur kurz vor 19.30 Uhr das vorläufige Ergebnis bekannt gab, war die Enttäuschung bei Martina Uhlemann und Hans Well von der IG-Vorstandschaft groß. Letztlich entscheidend dürfte nach Ansicht der IG-Mitglieder die zum Wochenende von Edeka an alle Haushalte verteilte Hochglanz-Werbung mit einer Abstimmungsanleitung für den Discounter gewesen sein.

"Uns war klar, dass Edeka noch was bringen wird, wir konnten aber nichts mehr dagegen setzen", sagte Stefan Zöllner (Dorfgemeinschaft). Die IG-Sprecher bedauerten die Niederlage, weil nun kaum mehr eine Chance bestehe, den Ortskern zu beleben. Die IG-Vorstandsmitglieder erklärten, sie wollten sich an einer Dorferneuerung nicht mehr beteiligen und traten geschlossen zurück. Wenig Verständnis brachten einige Beobachter dafür auf, dass Bürgermeister Pius Keller (CSU) und die meisten Gemeinderäte sich nicht sehen ließen. Kellers Stellvertreterin Claudia Glas (SPD) lehnte im Linsemann-Anwesen eine Stellungnahme ab. Sie sagte, Fragen der Presse werde sie schriftlich beantworten.

Als erstes Ergebnis lag die Auszählung aus dem Bezirk Zankenhausen gegen 18.30 Uhr vor. Dort stimmten 175 Bürger ab. Mit Ja votierten beim Ratsbegehren 71, mit Nein 96, 8 waren ungültig. Beim IG-Begehren standen 96 Ja gegen 70 Nein, bei 9 ungültigen Stimmen. In der Stichwahl votierten 77 für das Ratsbegehren und 94 für die IG-Zielsetzung. Ein dem entgegengesetztes Ergebnis ergab die Briefwahl, an der sich 319 Türkenfelder beteiligt hatten. Hier votierten beim Ratsbegehren 170 mit Ja, 142 mit Nein, 7 Zettel waren ungültig. Beim IG-Begehren standen 148-mal Ja und 154-mal Nein, 17 waren ungültig. Und in der Stichwahl sprachen sich 173 für das Ratsbegehren aus und 137 für das IG-Begehren.

Spätestens ab diesem Zeitpunkt war klar, dass das Ergebnis der Stichfrage die Entscheidung über das Bauvorhaben bringen würde. "Wir haben unser Möglichstes getan", sagte Gabriele Klöckler von der IG.

© SZ vom 22.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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