Bio unterm Christbaum:Gemeinsam gegen Gentechnik

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Direktvermarkter, Naturschützer und Zivilcourage-Aktivisten werben vor Weihnachten auf dem Fürstenfeldbrucker Bauernmarkt für gesunde Lebensmittel.

Erich C. Setzwein

Was ist wirklich drin in der Wurst, wie wurde das Kalb gefüttert, was ist an den Kartoffeln bio, und vor allen Dingen - ist das Lebensmittel gentechnikfrei? Fragen wie diese sollen sich nach Meinung von Direktvermarktern und der Arbeitsgemeinschaft Zivilcourage die Kunden stellen. Erste Möglichkeit, darauf Antworten zu bekommen, ist am Samstag beim Bauernmarkt in Fürstenfeld, wo Mitglieder der AG Zivilcourage, Vertreter des Bauernmarktes und von Slow Food Fünfseenland Auskunft geben über gentechnisch veränderte Lebensmittel, Kennzeichnungspflicht und regionale Vermarktung. Die Verbraucher sollen dazu bewegt werden, ein "gentechnikfreies Weihnachtsmenü" zusammenzustellen, wie es bei einem Pressegespräch am Dienstag auf dem Bauernmarkt hieß.

Vorbild Gemüsestand - warum nicht auch im Supermarkt? (Foto: Johannes Simon)

"Es gibt keine Kennzeichnung von gentechnisch hergestellten Lebensmitteln, die Menschen wissen nicht, wie ein Produkt zustande gekommen ist", sagt Gudrun Hanuschke von der Arbeitsgemeinschaft und versucht damit das große Informationsdefizit zu verdeutlichen. Man wolle dazu beitragen, dass die Menschen sich wieder Gedanken über die Nahrungsmittel machten, so Hanuschke, es solle klar werden, wie sich die Gentechnik auswirke - und zwar nicht erst nach dem Verzehr im menschlichen Körper. "Die industrielle Landwirtschaft schadet der bäuerlichen Landwirtschaft, wie wir sie in unserer Gegend vorfinden", betont Hanuschke. Und sie schade den Bauern in den Drittweltstaaten, wo jener Gen-Soja angebaut werde, der als Futtermittel in die Industriestaaten gelange.

"Gentechnik", davon ist Eugenie Scherf vom Bund Naturschutz überzeugt, "ist absolut überflüssig in der Landwirtschaft." Sie schaffe nur Abhängigkeiten von Saatgut- und Düngerherstellern, außerdem gelange nur noch mehr Gift in die Nahrung. Und, anders als das von der Gen-Lobby suggeriert werde, brächten genmanipulierte Pflanzen nicht mehr Ertrag, sagt Bioland-Bauer Hans Kraut aus Emmering. "Die Landwirtschaft wird nie von der Gentechnik profitieren."

Davon sind auch jene überzeugt, die Abnehmer von landwirtschaftlichen Produkten sind. Engelbert Jais zum Beispiel, Metzgermeister aus Luttenwang und Innungsobermeister im Landkreis Fürstenfeldbruck, kennt die Erzeuger und kann nach eigenen Worten sein Wissen an die Kunden weitergeben. Die würden ihn denn auch immer mit derselben Frage löchern: "Ist es auch selbst gemacht?" Er könne das mit Ja beantworten. Auch die anderen, die Fleisch oder Fisch oder entsprechende Produkte auf dem Bauernmarkt anbieten, könnten so antworten und noch dazu die Auskunft geben, dass auf Gentechnik verzichtet werde. "Der Kunde kann es beeinflussen", ist Jais überzeugt.

Doch nicht alles, wo"Bio" draufsteht, sei auch ökologisch und sozial sinnvoll, stellt Max Keil, Chef des Brucker Schlachthofs fest. Der Import von Bioprodukten benutze dieselben Transportwege wie der von herkömmlich erzeugten Lebensmitteln, die Händler könnten kaum Angaben machen über die Anbauweise. Das sei bei den Direktvermarktern anders, so Keil: "Wir alle können Antworten auf Fragen zu unseren Produkten geben."

Mit den Antworten auf die Fragen der Kunden möchten die Initiatoren einen Bewusstseinsprozess anstoßen. "Die Kunden sollen sehen, wer hinter den Lebensmitteln steht", sagt Richard Bartels von Slow Food, einem Verein, der sich nach eigenen Angaben "für gute, saubere und faire Lebensmittel" einsetzt. Bartels möchte die Verbraucher auffordern, nicht nur beim Einkauf, sondern auch in Gaststätten nach Herkunft und Verarbeitung der Lebensmittel zu fragen, darauf zu bestehen, dass der Wirt Auskunft gibt. Auch das würde einen Denkprozess anstoßen. Es sei "wesentlich und wünschenswert", die Lebensmittelqualität hervorzuheben, sagt Bartels. Dazu gehört seiner Meinung nach auch das Problem, dass in Deutschland zu viel weggeworfen wird, nämlich 80 Kilo Nahrung pro Kopf und Jahr. Die Info-Aktion auf dem Bauernmarkt am Samstag (8 bis 12 Uhr) hält Bartels für einen ersten Schritt. Weitere sollen folgen.

© SZ vom 05.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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