Bildung:Die Schulzeit kann warten

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Manche Kinder können ihren ersten Schultag kaum erwarten, andere dagegen werden von ihren Eltern lieber erst ein Jahr später eingeschult. (Foto: Johannes Simon)

Im Landkreis werden immer mehr Erstklässler zurückgestellt. Das wird auch für die Kommunen zum Problem. Denn sie müssen für die Buben und Mädchen weiterhin Kindergartenplätze bereit halten

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Für 2179 Buben und Mädchen im Landkreis beginnt an diesem Dienstag ihre Schulzeit. Die Zahl der Schulanfänger wäre eigentlich höher, doch insgesamt wurden 401 Kinder um ein Jahr zurückgestellt. Sie sollen erst vom nächsten Herbst an in die Schule gehen. Das entspricht immerhin 15 Prozent aller potenziellen Erstklässler. Die Tendenz, Kinder später einzuschulen, sei "steigend", sagt Thomas Frey vom Schulamt Fürstenfeldbruck. Genau erfasst wird die Zahl der Rücksteller vom Schulamt aber erst seit diesem Schuljahr.

Der Einschulungsstichtag war früher der 30. Juni, später sollte daraus sogar der 31. Dezember werden. Nun gilt: Wer bis zum 30. September dieses Jahres sechs Jahre alt ist, soll eingeschult werden. Kinder, die im gleichen Jahr nach dem Stichtag Geburtstag feiern, können in die Schule, müssen aber nicht. Zurückgestellt werden aber nicht nur Kinder, die knapp an der Stichtagsgrenze sind. Zurückgestellt werden neben jenen Buben und Mädchen, die von den Schulen als noch nicht schulreif eingestuft werden, zunehmend auch Kinder, deren Eltern durch eine Rückstellung "an bessere Startchancen glauben" und daran, dass die Kinder sich dann beim Übertritt in der vierten Klasse leichter tun, sagt Frey.

"Wir müssen uns dem annehmen, woher diese Schulangst kommt", meint die bisherige Schulamtsleiterin Gabriele Kraußer, die mit Beginn des neuen Schuljahres eine neue Stelle als Abteilungsleiterin an der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung in Dillingen annimmt. Sie vermutet, dass diese Kinder auch mit der "flexiblen Grundschule" aufgefangen werden könnten, in der die Schüler je nach Entwicklungs- und Leistungsstand die Klassen eins und zwei in ein, zwei oder drei Jahren durchlaufen. Auch der neue Grundschullehrplan plus, der für die Klassen eins bis drei bereits eingeführt ist und nun in den vierten Klassen startet, könne dazu beitragen, meint Kraußer. Demnach sollen die Grundschüler "kompetenzorientiert" lernen und auch voneinander lernen.

Die Kinder, die erst mit sieben Jahren in die Schule kommen, stellen auch die Kommunen vor Probleme, denn sie müssen die Kinder ein weiteres Jahr in ihren Kindergärten aufnehmen. Die Stadt Puchheim hatte noch vor den Sommerferien eigens eine Diskussion mit verschiedenen Fachleuten zu diesem Thema initiiert. In der nächsten Sozialausschusssitzung wollen die Stadträte dann beraten, wie sie dieser Entwicklung begegnen wollen.

Möglicherweise braucht auch Puchheim einen sogenannten Schulkindergarten, wie ihn Germering schon seit langem hat. Die Einrichtung an der Germeringer Kirchenstraße soll eine Brückenfunktion zwischen Kindergarten und Schule übernehmen und die zwischen sechs und sieben Jahre alten Kinder über gezielte Förderung auf die Schule vorbereiten. Der Germeringer Schulkindergarten verfügt über 30 Plätze in zwei Gruppen, die freilich bei weitem nicht ausreichen, um alle 80 für das jetzt anlaufende Schuljahr zurückgestellten Kinder aufzunehmen. Laut Martin Rattenberger, dem Amtsleiter für Jugend, Familie, Senioren, Soziales und Schulen im Germeringer Rathaus, war es in diesem Jahr besonders schwierig, allen Bewerbern um einen Kindergartenplatz gerecht zu werden. Schließlich sei es aber doch gelungen. Zurückgestellte Schulkinder hätten auch in der privaten Kinderbetreuungseinrichtung "Denk mit" in der Frühlingstraße einen Platz gefunden.

Trotz der vielen Rücksteller ist die Zahl der Schulanfänger im Landkreis gegenüber dem Vorjahr um 128 gestiegen. Auch die Zahl aller Grundschüler aus den Klassen eins bis vier erhöht sich um insgesamt 353 auf nunmehr 8304 Grundschüler. Die Zahl der Mittelschüler, die in den Vorjahren entgegen dem Landestrend zunahm, sinkt um 91 auf nunmehr 2969 Schüler. Um die steigende Zahl an Kindern mit Migrationshintergrund, die nur schlecht oder gar nicht deutsch sprechen, aufnehmen zu können, wurden drei weitere sogenannte Übergangsklassen geschaffen. Mittlerweile gibt es 14 Ü-Klassen an Grund- und Mittelschulen im Landkreis.

Als erfreulich wertet man am Schulamt, dass in diesem Schuljahr die Ausstattung mit Lehrern deutlich besser ist als in den Jahren zuvor. Dazu zählen auch jene 18 Gymnasial- und Realschullehrer, die nun für ihre Arbeit an Mittelschulen nachqualifiziert werden, sowie weitere Lehrkräfte, die über individuelle Arbeitsverträge dort aushelfen.

© SZ vom 13.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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