Ausstellung:Malen nach Wörtern

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Die Skulpturen von Stephanie Maier (vorne) sind ebenso wie die Fotografien von Brigitta-Maria Lankowitz in der Ausstellung zu sehen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Künstlergruppe zeigt im Haus 10 konzeptionelle Arbeiten zur Sprache

Von Ekaterina Kel, Fürstenfeldbruck

Das am häufigsten benutzte Substantiv in der englischen Sprache ist time, Zeit. Ganz schön schwer, "so etwas Abstraktes" darzustellen, findet Stephanie Maier. Das ist für die Künstlerin aber noch lange kein Hindernis, stattdessen formulierte sie sich daraus vor drei Jahren eine neue Arbeitsaufgabe: "Nimm dir jeden Tag ein Wort aus der Liste der am häufigsten gebrauchten englischen Wörter und schaffe daraus eine neue Arbeit." Das Wort time löste bei Maier Assoziationen mit dem Urknall, mit dem ultimativen Anfang, der einem Vulkanausbruch gleich Neues schafft. Die Ergebnisse ihrer Beschäftigung mit dem Wort sind in der Ausstellung "Occurence 3" in der Kulturwerkstatt im Haus 10 zu sehen.

Dort reihen sich aus Gips geformte Vulkanfiguren auf dem Boden aneinander. Dazwischen verteilen sich weiße, perfekt abgerundete Skulpturen, die an Tropfen erinnern. Tritt der Betrachter näher an sie heran, muss er mit Erstaunen feststellen, dass die niedlich aussehenden Figürchen ganz schöne Schwergewichte sind, denn sie sind aus Marmor und nur sehr schwer anzuheben. Diese typisch für das Duo Venske & Spänle gearbeiteten Skulpturen lassen sich als Kondensate jeweils eines Wortes aus der Liste begreifen, zum Beispiel on (an) oder with (mit). Neben Maier und Venske & Spänle stellen noch fünf andere Künstler ihre Arbeiten aus. "Das ist eine Gesamtarbeit", so Maier. Denn die Worte, die die in München lebende Künstlerin beschäftigten, hat sie auch ihren Künstlerkollegen geschickt. Jeder von ihnen entwickelte seinen eigenen Umgang mit der Liste der häufigsten englischen Wörter. Das habe zwar alles mit serieller Arbeit zu tun, die Ergebnisse seien aber sehr unterschiedlich, sagt Maier. Occurence, der Name der Ausstellung, steht für Ereignis, Vorkommnis. Die Arbeiten der lose zusammenarbeitenden Künstlergruppe können so auch als ein gemeinsames Vorkommnis betrachtet werden.

Von Youjin Yi hängen großformative Malereien mit Öl auf Leinwand aus. Auf einem verarbeitet auch sie das Motiv des Vulkans, nennt es "Familie". Dicht gedrängt sind einzelne Elemente in der Mitte, nach außen dringen ganz neue Formen. Kristin Brunner hat einen weniger assoziativen Zugang: Sie hat sich mit der Liste der häufigsten Wörter im Deutschen beschäftigt und sie auf Stempel drucken lassen. Die, dass, und - lauter Konjunktionen, Artikel und Präpositionen liegen zum Stempeln auf einem hölzernen Kasten aus. Daneben: Die Liste der Lieblingswörter von Ausländern, die Deutsch lernen. Worte wie Heimat und Freundschaft lassen sich dort finden. Benannt ist die Arbeit nach dem Lieblingswort der ausländischen Kinder: Libelle.

Und Brigitta-Maria Lankowitz hat die Beschäftigung mit Wörtern auf die südlichste Insel Italiens, Lampedusa, reisen lassen. Dort hat sie aber gar keine Wörter mehr finden können. Der Anblick der temporären Behausungen, die sich Flüchtlinge selbst aus alten Baumstämmen und Fischernetzen entlang der Küste gebaut haben, habe sie sprachlos gemacht, erzählt die Künstlerin. In ihren Fotografien lässt sich der jeglicher Sprache entblößte Blick erspüren.

Ausstellung "Occurence 3" im Haus 10, Vernissage am Freitag, 16. Februar, von 19.30 Uhr an. Die Werke sind bis Sonntag, 4. März, zu sehen. Am Sonntag, 25. Februar, bietet Christiane Neuberger vom Förderverein der Kulturwerkstatt eine Führung an.

© SZ vom 15.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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