Ausstellung:Den Dialog mit dem Betrachter herausfordernd

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Als eigenständig und lebendig lobt die Direktorin des Museums für Konkrete Kunst und Design die Werke von Christian Muscheid. Der junge Künstler ist Förderpreisträger der Derriks-Kulturstiftung und stellt zum ersten Mal in Fürstenfeldbruck aus

Von Edith Schmied, Fürstenfeldbruck

Allein vier Kunstausstellungen finden zurzeit in Fürstenfeldbruck statt, freut sich Kulturreferent Klaus Wollenberg bei der Begrüßung der etwa 60 Gäste im Kunsthaus. Im benachbarten Stadtmuseum geht es um die "Leidenschaft für Heilige", im Haus 10 stoßen die zwei Welten von Benelisa Franco und Rosina Zimmermann aufeinander, und in der Sparkasse zeigt die Künstlervereinigung ihre Schau. Es sieht ganz danach aus, als ob die Kunst in der 36 000 Einwohner Stadt auf dem besten Wege ist, sich emanzipiert in Szene zu setzen. Die Vernissage im Kunsthaus ist Christian Muscheid gewidmet. Er ist der diesjährige Preisträger der Kulturstiftung Annelies und Gerhard Derriks. Die beiden Mäzene haben den gebürtigen Saarbrücker nach dem Besuch einer Reihe von Ausstellungen ausgewählt. Der Künstler erfüllt alle Kriterien, die Gerhard Derriks bei der Verleihung und der Scheckübergabe von 3000 Euro definiert: Unter 40 Jahren, akademische Ausbildung, klares künstlerisches Konzept, Innovation, minimale, konkrete Kunst, Alleinstellungsmerkmal, Bezug zu Bayern.

Zwei konzeptionelle Themen machen das Werk des jungen Künstlers aus, erläutert Sabine Schimpf. Die Laudatorin ist Direktorin des Museums für Konkrete Kunst und Design in Ingolstadt. Zum einen ist es die "Interaction of Color", das Wechselspiel der Farben, die durch die korrespondierende Umgebung Stimmungen beeinflusst und verändert. Der Dialog von Farben sei nicht neu. Doch im Gegensatz zu Muscheids "Übervater" Josef Albers, er war bis in die Dreißigerjahre Lehrer am Bauhaus in Dessau, scheue sich der ausgezeichnete Künstler nicht, kräftige Neonfarben einzusetzen um die Wirkung intensiv aufzuladen und den Betrachter quasi zu einem Dialog zu verführen. "Immer bewusst", betont Schimpf, "nichts ist zufällig".

Auch Uli Habersetzer setzt sich mit seinem Trio bewusst diesem Einfluss aus und steuert zur Vernissage Musikstücke bei, die sein Verständnis von "Interaction of Sound" quasi parallel zur "Interaction of Colors" wieder spiegeln. Ludwig Kettenberger am Bass, Georg Alkofer an der Gitarre und Habersetzer am Alt- und Baritonsaxofon verstehen es, melodiös weiche Töne ins Jazzige rübergleiten zu lassen. Ein anderes Stück klingt zunächst nach Improvisation endet aber im bekannten Klassiker "besame mucho". Das Publikum gibt sich gerne der interaktiven Assoziationen hin.

Die zweite Komponente in Muscheids Werken sind Archetypen. Damit sind Grund- und Urformen gemeint, die wie ein Alphabet funktionieren, nur ohne Sprachbefehl. Als Beispiel nennt Schimpf eine Tafel mit 77 unterschiedlichen Farben und Formen. Man könnte dieses Werk auch als Hieroglyphen deuten. Eine andere Variante zeigt Muscheid auf lasierten Leinwänden mit Jutecharakter, auf die er farbige, geometrische Formen setzt. Wie konkret derartige Entwürfe umgesetzt werden können erleben die Vernissagebesucher in einem handfesten Vergleich, gewissermaßen zum Anfassen. Julia Ackermann, Muscheids Freundin, trägt zur Eröffnung ein Ensemble des Modelabels Escada, das genau die Formen aus den Bildern aufgreift, in Farbe und Material den Bildern entspricht. Die Laudatorin sieht darin den unbefangenen Umgang mit dem Begriff der Schönheit. Am Ende lobt Schimpf das stimmige Werk des jungen Künstlers, der sich nicht starr und analytisch an Bekanntes hält, sondern eigenständig und lebendig den Dialog mit dem Betrachter herausfordert.

© SZ vom 12.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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