Ausstellung:Das Spiel mit Form und Farbe

Lesezeit: 3 min

Endlose filigrane Ornamente ziehen sich über Trude Schumacher-Jansens Plexiglasröhren. (Foto: Günther Reger)

Die Ausstellung 11 x 7 im Kunsthaus zeigt überwiegend konkrete Kunst. Hinter der vordergründigen Einfachheit der Arbeiten verbirgt sich eine Tiefe, die sich erst bei genauem Betrachten offenbart

Von Julia Bergmann, Fürstenfeldbruck

Klar, nüchtern und aufgeräumt erscheint die Ausstellung 11 x 7, die sich fast vollständig der konkreten Kunst widmet und die an diesem Freitag im Kunsthaus Fürstenfeldbruck eröffnet wird. Doch hinter der vordergründigen Einfachheit der Arbeiten verbirgt sich eine Tiefe, die sich erst bei genauem Betrachten offenbart.

Unter den jeweils sieben Ausstellungsstücken von insgesamt elf Künstlern befinden sich Roland Helmers Arbeiten, die sich die menschliche Wahrnehmung zum Komplizen machen. Denn sein Spiel mit farbig linierten Kreisen zielt ganz auf die sich schlagartig verändernde Wirkung verschiedener Farben vor weißem und vor schwarzem Hintergrund ab. Ganz anders zwei seiner Arbeiten, die im Untergeschoss auf den Betrachter warten. "Mit 76 Jahren meine erste Raumarbeit", sagt er über die "konstruierten Quadrate". Über einen flachen Quader ziehen sich weiße und schwarze Streifen, darüber Linien in zwei verschiedenen, transparenten Grüntönen. Durch die Verschiebung einiger Linien ergeben sich für das Auge des Betrachters mehrere Quadrate. Die grünen Linien erscheinen durch ihre Transparenz gepaart mit dem sich abwechselnden Hintergrund, als hätte Helmer vier statt nur zwei verschiedene Grüntöne verwendet. Eine ähnliche Arbeit hat Helmer in Rottönen angefertigt. Besonders diese scheint mit jedem Zentimeter, den man sich im Raum bewegt, seine Farbe auf magische Weise zu ändern.

Wolfgang Dietz' Arbeiten brechen auf andere Art mit Wahrnehmungsmustern. "Ich bin seit einiger Zeit davon weg, dass ein Bild rechteckig sein muss", sagt er. Seine Werke bestehen aus geometrisch aneinandergereihten Formen. Die Besonderheit: Die Leinwände baut Dietz selbst, nicht rechteckig, sondern als verschobene Vielecke. Die Formen darauf sind überwiegend in den Grundfarben gehalten. Das mathematisch-konstruktive Element seiner Arbeiten steht klar im Vordergrund: "Ich beschäftige mich mit dem goldenen Schnitt", erklärt er und deutet auf eine seiner Stücke, die bei näherem Betrachten eine aus vielen Dreiecken zusammengesetzte Spirale ergibt, die Fibonacci-Spirale.

Unweit davon hängen Ina von Jans Plexiglas-Kompositionen. Von Jans Arbeit spielt abwechselnd mit deckenden und transparent-fluoreszierenden Flächen und Linien, die je nach Beleuchtung eine andere Wirkung erzeugen. Für diese Ausstellung hat die Künstlerin ganz bewusst Stücke in rot, blau und weiß gewählt. Mit einigen ihrer Arbeiten in rot hat von Jan 2014 den Kunstpreis des Landkreises gewonnen. "Damit habe ich eine gute Wirkung erzielt", sagt die Künstlerin, die sich über Jahre hinweg ausschließlich mit der Farbwirkung verschiedener Gelbtöne beschäftigt hat.

Einen verspielteren Einschlag haben im Gegensatz dazu Ingryda Suokaités Werke. "Ich habe lange Zeit konstruktiv-konkret gearbeitet. Irgendwann hatte ich das Gefühl, ich kriege keine Luft mehr", sagt sie. Die Folge war ihre Abkehr von der strengen Form - wenn auch nicht gänzlich. Zwar finde sich auf ihren Arbeiten immer wieder die strenge Linie. "Aber ich versuche sie mit Freiem zu durchbrechen", erklärt sie. Auffällig ist, dass die Linien in Suokaités Arbeiten, ob linear oder gewunden, nie gemalt sind, sondern immer mit Hilfe einer Schnur gelegt. Die Schnur ist ihr wesentliches Gestaltungsmittel.

Auch Erica Heisinger arbeitet konkret, ein Teil ihrer Arbeiten fällt durch minimalen Farbgebrauch und seine Plastizität auf. Die Farbe ist hier nicht auf den Untergrund aufgetragen. Die Rückseite der einst gerollte Leinwand ist farbig gehalten und in konstruierter Regelmäßigkeit zackig eingeschnitten, sodass sich die Schnittstellen beim Aufspannen des Gewebes nach außen rollen. So ergibt sich eine zwar zurückhaltende, aber sehr wirkungsvolle Arbeit.

Fotograf Thomas Wieland zeigt einen Teil seiner schwarz-weiß Aufnahmen aus seiner Serie "Last Gas Station". In ihr setzt sich der ehemalige Technikhistoriker fotografisch mit der Frage auseinander, wie Landschaft durch Technik geformt wird und wie der Mensch darauf reagieret. Entstanden sind die Bilder während mehrerer Peloponnes-Aufenthalte.

Die Ausstellung 11 x 7 zeigt insgesamt hochinteressante Ansätze und Herangehensweisen verschiedener Künstler an Farbe und Form. Für Liebhaber der konkreten Kunst äußerst sehenswert.

Die Ausstellung 11 x 7 im Kunsthaus Fürstenfeldbruck kann bis zum 6. November besichtigt werden. Geöffnet hat sie dienstags bis samstags von 13 bis 17 Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 11 bis 17 Uhr. Führungen finden am 9.,12., 23., 26. Oktober und am 2. November jeweils von 15 bis 16 Uhr statt.

© SZ vom 06.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: