Asylunterkunft:Fürstenfeldbruck in Blockadehaltung

Lesezeit: 2 min

Sozialministerium will aus der Einrichtung am Fliegerhorst eine Kurzaufnahme mit einer Verweildauer von lediglich einer Woche machen und zusätzliche Gebäude errichten. Die Stadträte lehnen das ebenso ab wie eine Betriebsgenehmigung bis 2026. Sie pochen auf ihre Planungshoheit

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die Fronten zwischen Kreisstadt und Sozialministerium sind verhärtet, eine Verhandlungslösung nicht in Sicht. Möglicherweise muss gerichtlich geklärt werden, ob die Asyl-Erstaufnahmeeinrichtung am Fliegerhorst zur Kurzzeitaufnahme um- und ausgebaut werden darf. Strittig sind vor allem zwei zentrale Forderungen, von denen das Ministerium nicht abrücken will: Notfalls sollen bis zu 1600 Flüchtlinge untergebracht werden - und dies möglicherweise bis Ende 2026, also lange nach dem anvisierten Abzug der Bundeswehr und Planungsbeginn für die zivile Umgestaltung des Geländes. Regierungsvizepräsidentin Maria Els, die am Dienstag für einen "Kompromiss" im Stadtrat warb, schlug die einhellige Ablehnung der Stadträte entgegen. Kritik wurde aber auch am Landkreis laut, der sich "einen schlanken Fuß" mache, weil er die in Bruck untergebrachten Flüchtlinge auf sein Kontingent anrechnen lasse, aber die Lasten nicht auch auf die Schultern anderer Landkreiskommunen verteile.

Gibt es bei den andauernden Verhandlungen nicht doch noch einen Durchbruch, so könnte die Kreisstadt alle Pläne für einen Umbau der Unterkunft mit ihren zurzeit 1083 Bewohnern blockieren. Dieser Überzeugung jedenfalls ist Stadtjurist Christian Kieser, auch wenn es bislang keine höchstrichterliche Entscheidung eines vergleichbaren Falls gibt. Die Kreisstadt hat am Dienstag das Heft in die Hand genommen, für den bereits vor einem Jahr militärisch entwidmeten "Außenbereich" die Planungshoheit für sich reklamiert und enge Grenzen abgesteckt: Gegen die Stimmen von Georg Stockinger und Franz Neuhierl (beide Freie Wähler) wurden ein Flächennutzungs- und ein Bebauungsplan beschlossen. Auf den ursprünglichen Erlass einer Veränderungssperre wurde als "Good-Will-Aktion" vorläufig verzichtet. Rechtsexperten gehen davon aus, dass das Sozialministerium beziehungsweise die beauftragte Bezirksregierung die Stadt nicht übergehen und eigenmächtig Veränderungen vornehmen oder die am 31. Dezember 2020 auslaufende Nutzungsfrist für die Einrichtung verlängern können.

Maria Els umriss im Gremium den aktuellen Planungsstand aus ihrer Sicht. So soll der Standort Fürstenfeldbruck nach der spätestens Mitte 2017 erfolgenden Schließung der Bayernkaserne zu einer reinen Kurzaufnahmeeinrichtung umgebaut werden. Die Verweildauer der Flüchtlinge würden von derzeit durchschnittlich vier Monaten auf etwa eine Woche sinken. Dadurch gäbe es keine vorzeitigen Asyl-Anerkennungen mehr und die Stadt wäre auch nicht mehr verpflichtet, solche Personen in eigenen Wohnungen unterzubringen. Zudem müssten örtliche Kitas oder Schulen keine Kinder mehr aufnehmen. Andererseits, davor warnt auch Integrationsreferent Willi Dräxler, dürfte es sehr schwierig werden, angesichts der hohen Fluktuation dieses "Fließbandbetriebs" noch ehrenamtliche Helfer zu finden. In den bestehenden Gebäudetrakten würden Verwaltungs- und Medizineinrichtungen mit 100 bis 120 Mitarbeitern sowie maximal 1000 Betten unterkommen. Um für eine erneute Zuspitzung der Flüchtlingssituation gewappnet zu sein, sollen weitere Gebäude für weitere bis zu 600 Personen gebaut werden. Auch dem Auszugstermin Ende 2020 stimmt die Regierung nur zu, sofern dieser "notfalls" bis Ende 2026 verlängert werden kann.

Eine "Verlängerungsoption, die Ulrich Schmetz (SPD) als "glattes Diktat" ablehnt. Für die Stadträte sind das ohnehin unannehmbare Bedingungen. Unisono machten sie klar, dass Bruck bereit sei, sich der Integrationsaufgabe zu stellen und sich um die Flüchtlinge am Fliegerhorst und in allen anderen Unterkünften zu kümmern. Die Kleinstadt sei aber an eine Grenze gekommen. "So nicht", schimpfte Christian Stangl (Grüne). Herwig Bahner pflichtete ihm bei: "Alles auf Kosten der Stadt? So läuft das nicht!" Bahner vermisst nennenswerte Zugeständnisse des Freistaats - wie etwa die Zusicherung, beispielsweise universitäre Einrichtungen nach Bruck zu verlegen. Die "Zuckerl" sind auch Philipp Heimerl (SPD) zu wenig. So hatte die Regierung zugesagt, Städtebaufördermittel auf 2017 zu übertragen und die Stadt bei Verhandlungen mit Bund und Land zu unterstützen. Denn Bruck fordert die schnelle Entmilitarisierung weiterer Flächen für den sozialen Wohnungsbau und die stärkere Öffnung von Sportanlagen für Vereine.

© SZ vom 28.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: