Asylunterkünfte:Sorge um den Brandschutz

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Landrat Thomas Karmasin besucht zusammen mit Asylhelfern Wohnungen in Gröbenzell und Germering. Dort sollen wegen der Feuergefahr keine Holzmöbel verwendet werden

Von Julia Bergmann, Fürstenfeldbruck

Bevor die Gruppe, die sich am Mittwoch vor der Asylbewerberunterkunft an der Germeringer Industriestraße versammelt hat, das Gebäude betreten darf, gibt Andreas Buchner noch einen wohlgemeinten Rat: "Wischen Sie nachher die Schuhe ab, dort könnten Kakerlakeneier hängen bleiben." Den Besuchern, darunter einige Asylhelfer, Mitarbeiter der Caritas und des Landratsamts, sowie Landrat Thomas Karmasin schwant Übles. Im Innern soll die Gruppe die Räumlichkeiten besichtigen und erklärt bekommen, mit welchen Möbeln diese eingerichtet sein dürfen. Hintergrund der Begehung ist der im Spätherbst vergangenen Jahres aufgeflammte Streit um das vom Landratsamt verhängte Verbot von Holzmöbeln und leicht entflammbaren Textilien in den Sammelunterkünften. Asylhelfer aus dem ganzen Landkreis waren verärgert, man wolle es den Schutzsuchenden in Deutschland so ungemütlich machen wie möglich, verhindern, dass sie sich hier häuslich einrichten und ihnen noch die letzten privaten Gegenstände entreißen, lautete die Kritik. Die Kreisbehörde indes argumentierte mit Hygiene- und Brandschutzvorschriften.

Ein Bild von der Situation in den Unterkünften für Asylbewerber machen sich Landrat Thomas Karmasin, seine Mitarbeiter und Asylhelfer. (Foto: Günther Reger)

Kakerlaken, tot oder lebendig, zeigen sich während der Besichtigung nicht, dafür aber vereinzelt Schimmel an den Wänden, mit Stoffen verhängte Zimmertüren und Schmutz sowie Essensreste in einem der Treppenhäuser. "Das ist der Zustand, den das Landratsamt eigentlich nicht billigt", erklärt Buchner. Mit Blick auf eine wuchtige Couch in einem der Zimmer, erklärt Jimmy Liu, der im Landratsamt für die Immobilienakquise zuständig ist, dass auch diese eigentlich verboten sei. Wie Holzmöbel, leichte Gardinen und Teppiche stelle das Sofa eine Brandlast und somit ein Sicherheitsrisiko dar. Und das wiederkehrende Ungezieferproblem mache die Sache nicht besser. "Bei Kakerlakenbefall müssen wir uns von allem trennen. So ein Möbel kriegen Sie nicht sauber", erklärt er. Im nächsten Augenblick zeigt er auf die bunten Tücher, mit denen die Bewohner ihre Zimmer auch bei geöffneter Tür vor fremden Blicken schützen. "Wenn das brennt, kommt keiner mehr rein oder aus dem Zimmer raus", sagt Liu.

In der Asylunterkunft in Gröbenzell wurden Holz größtenteils entfernt. (Foto: Günther Reger)

Zuvor hatte die Gruppe bereits eine von acht geräumten, also größtenteils von Holz und ungeeigneten Textilien befreiten Unterkünften an der Olchinger Straße in Gröbenzell besichtigt. "Die Möblierung ist aus Sicht des Landratsamts hier vollkommen in Ordnung", erklärt Buchner. In den Zimmern befinden sich neben einem Kühlschrank zwei Bettgestelle, Regale, Spinde und ein Tisch - zum Großteil aus Metall. Aber auch Teppiche liegen in den meisten Zimmern. "Das ist also erlaubt?", will eine der Asylhelferinnen wissen. "So lange der Stoff oder die Teppiche schwer entflammbar sind, ist das in Ordnung", erklärt Buchner. Lilo Nitz, Leiterin des Arbeitskreises Asyl Gröbenzell, inspiziert die Spinde und merkt bei dieser Gelegenheit an: "Die Spinde ohne Ablageflächen im Inneren sind nicht funktionell." Liu will die Anregung aufgreifen. Claudia Kuttner vom Asylhelferkreis Eichenau will außerdem wissen, wie es um die Babybetten in den Unterkünften steht. "Den Müttern steht der Angstschweiß auf der Stirn, dass sie ihre Babybetten hergeben müssen", sagt sie. Hier kann Buchner beruhigen. Babybetten aus Holz seien gestattet.

Der Presse erklärt Landrat Thomas Karmasin das Verbot von Holzmöbeln. (Foto: Günther Reger)

In der anschließenden Gesprächsrunde betont Buchner, dass das, was die Gruppe gesehen habe, zwar aussehe wie "Wohnen", dass es sich juristisch gesehen aber um eine reine "Unterbringung" handle. "Und wir haben die Pflicht dafür zu sorgen, dass sie sicher untergebracht sind", sagt er. Hier hakt Karmasin ein: Dem Landratsamt gehe es nicht darum, es den Geflüchteten möglichst unbequem zu machen, in der Hoffnung, dass sie wieder in ihre Heimat zurückkehren würden. "Wenn man das nach dieser schwierigen Phase, mit allem, was wir bisher geleistet haben, denken würde, würde mich das treffen", sagt er.

Die Kinderwagen stehen in der Asylunterkunft in Gröbenzell in einer eigenen Garage. (Foto: Günther Reger)

Warum es nach der im Spätherbst begonnenen Räumung der Gröbenzeller Unterkunft dennoch zu derlei Vorwürfen kam, schildert Nitz. Sie erklärt, wie die Räumung abgelaufen sei, und meint, man habe die Entfernung der Möbel im Vorfeld nicht ausreichend kommuniziert und die Ehrenamtlichen zu wenig eingebunden.

Auch Kuttner wiederholt den Vorwurf der mangelnden Kommunikation. Karmasin möchte wissen, wie die Entfernung kritischer Stücke aus den verbleibenden vier Unterkünften in Zukunft ohne Konflikt ablaufen könnte. "Ich hätte den Wunsch, dass man pro Unterkunft sagt, was geht und was nicht", regt Kuttner an. Sie schlägt vor, das Landratsamt solle eine Liste bedenklicher Gegenstände anfertigen und an die Asylhelfer weiterleiten. Diese würden die Bewohner kennen und wüssten deshalb, wie sie bei ihnen sensible Themen ansprechen müssten. So könnten die Bewohner und die Ehrenamtlichen bereits ausräumen und anschließend könne man eine Kontrolle durch das Landratsamt organisieren. Ein Vorschlag auf den sich alle anwesenden Parteien schließlich vorerst einigen konnten.

© SZ vom 31.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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