Amtsgericht:Frau greift Männer an: Freispruch

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41-jährige Puchheimerin hat in Notwehr gehandelt

Von Ariane Lindenbach, Puchheim

Menschen aus anderen Ländern sprechen nicht nur andere Sprachen. Oft haben sie auch ganz andere Sitten und Umgangsformen. Die kulturellen Verschiedenheiten machen vor kriminellen Handlungen ebenfalls nicht halt, wie das Geschehen in der Silvesternacht in Köln vor einem Jahr gezeigt hat, als mehrere hundert Männer, vermutlich nordafrikanischer Herkunft, Frauen auf der Domplatte eingekreist, begrapscht, bestohlen und teilweise sogar vergewaltigt hatten. Vor diesem Hintergrund ist die Begegnung einer zierlichen 41 Jahre alten Puchheimerin mit einer Handvoll irakischer Männer nachts am S-Bahnhof in Puchheim zu bewerten. Die Frau war nun wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung angeklagt, da sie einen der gut durchtrainierten Männer getreten und geschlagen sowie sein T-Shirt zerrissen haben sollte. Ein Richter am Amtsgericht Fürstenfeldbruck sprach die 41-Jährige jedoch frei, da Notwehr nicht auszuschließen sei, so die Erklärung.

Die Angeklagte war im Mai 2016 mit ihrem damaligen Freund von einer Feier in München heimgekehrt. Als das festlich zurechtgemachte Paar gegen 1.30 Uhr mit der S-Bahn in Puchheim ankam, wurde der Mann in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs von zwei Irakern in ein Gespräch verwickelt. Derweil radelte die 41-Jährige schon langsam voraus, bis sie Am Grünen Markt von mehreren Männern ebenfalls irakischer Herkunft gestoppt wurde. Wie der frühere Puchheimer Bürgermeister und Rechtsanwalt Erich Pürkner vor Gericht erläuterte, war seine zur Verhandlung nicht anwesende Mandantin von "mindestens drei" Männern umringt und betatscht worden, bevor sie selbst zur Tat schritt und wild um sich trat und schlug. "Wir können uns in unserer westlichen Kultur gar nicht vorstellen, dass es Menschen gibt, die eine Freude daran haben, Frauen durch vorsätzliche verbale Äußerungen und ständiges Anfassen lächerlich zu machen und bloßzustellen", so der Jurist.

Der damalige Freund der Angeklagten war zu dem Geschehen gestoßen, als es bereits eskaliert war. Er habe seine Freundin in dem Pulk gar nicht ausmachen können, aber ihre Schreie gehört. Danach gefragt, wieso er nicht eingeschritten war, erklärte der 45-Jährige: "Ich habe Angst gehabt", die Männer seien ihm körperlich deutlich überlegen gewesen. Der von der Angeklagten angegriffene Iraker sagte vor Gericht sogar, mit ihm zusammen seien "mindestens fünf Männer" um die Puchheimerin herumgestanden. Als die Polizei schließlich zu dem Gerangel kam, erlebte sie dort lediglich eine "sehr aggressive", schimpfende Frau, wie einer der damals anwesenden Beamten schilderte. Bei der 54 Kilogramm leichten Puchheimerin waren 1,84 Promille Alkohol im Blut festgestellt worden.

Auf die Schilderung der Polizei Bezug nehmend, erkannte der Staatsanwalt "keinerlei Anhaltspunkt, dass es auch nur annähernd wie in der Silvesternacht in Köln war". Als Minus wertete er, dass die Frau einschlägig vorbestraft war und sie mehrmals zugeschlagen und getreten hatte. Er beantragte eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 15 Euro. "Eines kann nicht ausgeschlossen werden: Dass sie sich verbal und körperlich angemacht fühlte und sie sich deshalb zur Wehr setzte", erwiderte Pürkner und beantragte einen Freispruch. Seinem Antrag folgte Richter Martin Ramsauer. Es sei schwer vorstellbar, dass eine Frau grundlos mindestens zwei Männer angreife, sagte er.

© SZ vom 18.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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