Aktionsplan:Kampf dem Komasaufen

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Städte und Gemeinden im Landkreis verständigen sich auf einheitlich strenge Auflagen für Feste, die vorwiegend Jugendliche besuchen. Mit Vorglühen dürfte dann Schluss sein.

Heike A. Batzer

Von einem bloßen "Prosit der Gemütlichkeit" kann keine Rede sein: Statistisch gesehen wird pro Woche ein Jugendlicher mit akuter Alkoholvergiftung in die Fürstenfeldbrucker Kreisklinik eingeliefert. Weil das sogenannte Komasaufen unter jungen Menschen in den vergangenen Jahren massiv zugenommen hat, sagen die Städte und Gemeinden aus dem Landkreis dem übermäßigen Alkoholkonsum den Kampf an. Alle 23 Bürgermeister, Landrat Thomas Karmasin (CSU) und Vertreter der Polizei unterzeichneten jetzt eine gemeinsame "Vereinbarung gegen Alkoholmissbrauch auf Festveranstaltungen". Damit sollen überall im Landkreis die gleichen Auflagen bei der Genehmigung solcher Festivitäten gelten. Mit den ersten beiden Fassungen, die das Kreisjugendamt erarbeitet hatte, waren einige Bürgermeister jedoch ganz und gar nicht einverstanden. Sie befürchteten, mit den strengeren Auflagen auch Veranstaltungen zu treffen, die kaum von Jugendlichen besucht werden und ohne Probleme ablaufen. Die nunmehr formulierten Genehmigungsvoraussetzungen sollen vor allem bei Festen greifen, "bei denen die Gefahr von übermäßigem Alkoholkonsum besteht". Namentlich genannt sind Stadel- und Burschenfeste, Fahnenweihen, Weinfeste, Konzerte, Open-Air-Feiern, Mottopartys. Der Landkreis Fürstenfeldbruck ist im gesamten Umkreis der einzige, in dem sich sämtliche Kommunen auf eine einheitliche Vorgehensweise geeinigt haben. Alkoholkonsum per se verteufeln wollen sie nicht. "Genuss- und Suchtmittel begegnen uns im Alltag ständig", sagt Kreisjugendamtsleiter Peter Schmelzer, "deshalb ist es für die jungen Leute wichtig, den verantwortungsvollen Umgang damit zu lernen." Für eine "Kultur des Hinsehens" plädiert Landrat Karmasin: "Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe." Kreisjugendreferentin Margret Kopp (CSU) setzt auf den Präventionsgedanken: "Dann brauchen wir hinterher weniger heilen und reparieren." Laut der neuen Vereinbarung gibt es für Veranstaltungen, die mit übermäßigem oder billigem Alkoholkonsum werben, ohnehin keine Genehmigung. Das Ende der Feste wurde für den ganzen Landkreis einheitlich auf 3 Uhr festgelegt. Weil für junge Leute unter 16, über 16 und über 18 Jahren unterschiedliche jugendschutzrechtliche Vorschriften gelten, sollen die einzelnen Gruppen beim Einlass mit verschiedenen Armbändern ausgestattet werden. Ein gewerblicher Sicherheitsdienst soll Einlasskontrollen durchführen und erkennbar betrunkene oder unter Drogeneinfluss stehende Besucher gar nicht erst hineinlassen. Dem sogenannten "Kofferraumsaufen" auf dem Parkplatz Einhalt gebieten soll die Vorschrift, dass, wer die Party verlässt und wiederkommen möchte, neuerlich Eintritt bezahlen muss. Alkoholische Getränke dürfen auch nicht selbst mitgebracht werden, Rücksäcke und Taschen werden am Eingang kontrolliert. Zur Bar muss ein separater Zugang führen, dort muss es Alterskontrollen geben. Spirituosen und Branntweinhaltiges wie Wodka-Mix-Getränke dürfen auf den Festen nicht in Flaschen und nicht als Sammelbestellungen verkauft werden. Die Bürgermeister wollen dabei freilich nicht als Spaßbremsen rüberzukommen. "Wir wollen auf keinen Fall die Tradition des Feierns in Bayern unterbinden",betont Mammendorfs Rathauschef Johann Thurner (FW), der als Kreisvorsitzender des Gemeindetags auch Sprecher seiner Kollegen ist. Als vorteilhaft habe sich erwiesen, "wenn man im Vorfeld den Dialog mit den jungen Leuten sucht". Das sei auch der Sicherheit des Veranstalters dienlich, sagt der stellvertretende Leiter der Polizeiinspektion Fürstenfeldbruck, Michael Fischer: "Manche sind hier sehr blauäugig und naiv." Sein Kollege Hermann Rettenbeck vom Polizeipräsidium Oberbayern geht sogar noch weiter: "Schön wäre es doch für einen Verein, mal eine Veranstaltung wie eine alkoholfreie Zelt-Disco zu machen." (Kommentar)

© SZ vom 23.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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