Zukunftsmusik:Auf dem Weg ins digitale Zeitalter

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Stau auf der Hauptstraße in Eching. Auch eine intelligente Verkehrsführung gehört zu den Zielen der Nordallianz-Gemeinden beim Projekt "Smart City". (Foto: Lukas Barth)

Die Bürgermeister der Nordallianz wollen sich wirtschaftlich nicht abhängen lassen und informieren sich frühzeitig über den Trend zur "Smart City" - der Stadt der Zukunft, in der selbst Straßenlaternen eine gewisse Intelligenz aufweisen

Von Alexandra Vettori, Unterschleißheim

120 000 Einwohner mit einer durchschnittlichen Kaufkraft von 30 000 Euro pro Nase; 0,73 Arbeitsplätze, die rechnerisch auf einen Einwohner kommen; eine Wirtschaftsregion, die regelmäßig Top-Plätze bei diversen Rankings belegt, dazu mehrere Hochschulen und ein Flughafen: Die Statistik, mit der die Nordallianz aufwartet, kann sich sehen lassen. Freilich ist sie keine prosperierende Stadt, sondern ein loser Zusammenschluss von acht Kommunen im Norden Münchens: Unterföhring, Ismaning, Garching, Hallbergmoos, Neufahrn, Eching, Unter- und Oberschleißheim. Weil die Orte immer mehr zu einem großen Wirtschaftsraum zusammen wachsen, gleichzeitig aber an den negativen Folgen des Dauerbooms leiden, etwa was den Verkehr angeht, treffen sich die Bürgermeister regelmäßig. In Zukunft werden sie wohl noch stärker zusammenarbeiten. Wie das digitale Zeitalter in der Nordallianz aussehen könnte, davon bekamen Bürgermeister, Verwaltungsmitarbeiter und Firmenchefs kürzlich Einblick bei einer Tagung. Das Thema: "Smart City".

Die Stadt der Zukunft wird noch dichter besiedelt sein, eine allumfassende Digitalisierung soll das Management erleichtern dank Smart Energy, Smart Mobility, Smart Living oder Smart Health. Derlei Begriffe bekamen die Vertreter der acht Nordallianz-Kommunen immer wieder zu hören, von Referenten aus dem bayerischen Cluster für Informations- und Kommunikationstechnologie, Wissenschaftlern, Beratungsfirmen, aber auch von Unternehmen wie SAP oder Osram.

Sie alle entwarfen eine Zukunft, in der sich Bürger online informieren und mitreden, in der sich intelligente Straßenlaternen nicht nur ausschalten, wenn keiner vorbeikommt, sondern auch Informationen bieten, etwa über freie Parkplätze, und als Aufladestationen für Stromautos fungieren. Alles Zukunftsmusik, das war den etwa 50 Teilnehmern der Nordallianz klar, doch gleichzeitig ein Anstoß, sich für die gar nicht mehr so ferne Zukunft zu rüsten. "Das war eine Auftaktveranstaltung, allen war klar, da entsteht etwas", betonte hinterher Rudolf Haggenmüller vom Unterschleißheimer Wirtschaftsförderverein ICU, der die Tagung mitinitiiert hatte.

Seit 15 Jahren arbeitet der Mathematiker, IT-Fachmann und Dozent im Vorstand der ICU mit, die Situation jetzt erinnere ihn an den Anfang, erzählte er nach der Tagung: "Damals sagten wir, das Internet wird unser Leben umkrempeln. So ist es auch gekommen, und jetzt ist es die digitale Transformation von Städten." Das Dranbleiben an der neuen Entwicklung hält Haggenmüller auch deshalb für so wichtig, weil sich Kommunen damit als Wirtschaftsstandorte ins rechte Licht rücken können: "Die Firmen gehen dorthin, wo sie das Gefühl haben, da bewegt sich etwas." Auch die Bürgermeister der Nordallianz zeigten sich beeindruckt: "sehr, sehr spannend", lautete das Fazit von Echings Bürgermeister Josef Riemensberger (CSU). Ziel der Veranstaltung sei gewesen, die Bandbreite der Möglichkeiten aufzuzeigen, das sei gelungen. Auch sein Unterschleißheimer Bürgermeisterkollege Christoph Böck (SPD) sprach von einem "fantastischen Auftakt".

Bei ihrem nächsten Treffen Ende November wollen die Bürgermeister bereits darüber reden, welche Projekte aufgegriffen werden könnten, gemeinsam oder in einzelnen Orten. Für Unterschleißheim sah Böck im geplanten Business Campus auf dem ehemaligen Airbusgelände ein geeignetes Übungsfeld, dort könnten Smart Buildings entstehen, verbunden mit einer ausgeklügelten Verkehrsführung. Auch Oberschleißheims Bürgermeister Christian Kuchlbauer (Freie Wähler) fand den Tag "sehr interessant", konnte sich aber vorstellen, dass so manches Projekt am Geld scheitern werde.

Dass es sich bei der Nordallianz eben nicht um eine, sondern um acht Kommunen handelt, die auch in Konkurrenz um Gewerbesteuerzahler stehen, wurde offen thematisiert. Allerdings, betonte Garchings Bürgermeister Dieter Gruchmann (SPD), gehe man damit schon jetzt sehr fair um. "Es wird spannend, Themen zu identifizieren, die wir gemeinsam anpacken." Das reiche von Verkehrsproblemen, die nur überörtlich in den Griff zu bekommen seien, bis hin zu Sammelbestellungen für neue Straßenlaternen, "da gibt es nämlich bessere Konditionen". Auch der Neufahrner Bürgermeister Franz Heilmeier (Grüne) nannte die Veranstaltung "inspirierend". Er werde in der Nordallianz allerdings auch dafür eintreten, dass die zentralen Themen des Tagesgeschäftes, zum Beispiel konkrete Lösungen für den öffentlichen Nahverkehr, nicht aus den Augen verloren werden, denn nur mit intelligenter Steuerung sei es nicht getan.

© SZ vom 07.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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