Zukunft der Landwirtschaft:Bauer sucht Kuh mit Navi

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Keine Kuh geht mehr verloren. Verirrt sich ein Rindvieh im Gebirge, findet es der Senner leicht über das GPS-System. (Foto: Privat)

Bald weiß der Bauer ganz genau, wo sich seine Kühe herumtreiben: Mit einem speziellen Navigationssystem können Landwirte in Zukunft ihre Tiere orten - und die nächste Stufe der Überwachung ist schon geplant.

Von Alexandra Vettori, Freising

Der Senner der Zukunft hütet seine Kühe per Smartphone. Das Instrument dazu haben Mitarbeiter des Instituts für Landtechnik und Tierhaltung in Weihenstephan entwickelt. Ein Navigationsgerät am Halsband ermöglicht es, die Tiere via GPS zu orten, der Almwirt spart sich so die mühsame Suche nach den Tieren, die frei im Gelände unterwegs sind, oft in schlecht überschaubaren Gegenden. Die Anregung für ein Kuh-GPS sei von den Almbauern selbst gekommen, erzählt Institutsleiter Georg Wendl.

Rund 1,8 Millionen Rinder weiden im Alpenraum, dazu fast die gleiche Anzahl Schafe. In den bayerischen Alpen sind es 50 000 - vor allem Jungrinder. Kuh-Almen mit Käsereien gibt es nur noch wenige in Bayern, gerade einmal 50. Vor allem die Jungrinder sind weitgehend sich selbst überlassen, nur einmal täglich schaut der Senner nach dem Rechten. Wie weit er laufen muss, davon konnte sich Institutsmitarbeiter Jan Maxa ein Bild machen, als er einen Sommerurlaub als Kuhhirte verbrachte. "An einem Tag bin ich bei schlechtem Wetter von 8 bis 17 Uhr fünf Kälbern hinterher gelaufen."

Autoradiohersteller entwickelt Kuh-GPS

Im Durchschnitt sind es neun Kilometer, die ein Almhirte täglich auf der Suche nach seinen Tieren geht - auf 1600 Höhenmetern. Das kostet viel Zeit, die anderweitig besser genutzt wäre. "In den Medien wird die Landwirtschaft ja immer verklärt dargestellt, aber es herrscht ein knallharter Wettbewerb", sagt Wendl. Aufgabe seiner Einrichtung, die zur Landesanstalt für Landwirtschaft gehört, sei es, Innovationen zu entwickeln, die den Landwirten Kosten oder Zeit sparen. Für die Initiative "Deutschland - Land der Ideen", habe man gemeinsam mit einem Privatbetrieb, der Firma Blaupunkt, das "GPS-Weidemanagementsystem" entwickelt, eingereicht - und einen Preis bekommen.

Dass der Autoradiohersteller Blaupunkt ein Kuh-GPS mitentwickelt und auch auf den Markt bringen möchte, erklärt Alexander Süsse, Technikleiter der Tochterfirma Blaupunkt Telematics, so: "Im Normalfall beschäftigen wir uns mit Autos, haben aber Interesse, auch außerhalb des Kfz-Umfeldes tätig zu werden." Auf seinem Handy hat er noch die erste Skizze des Gerätes, "als wir gegrübelt haben, wie es aussehen könnte". Wasserdicht, stabil, schließlich reibt so ein Rind gerne seinen Hals an Pfosten und Artgenossen, nicht zu schwer, ohne empfindliche Antennen. Ein kleines blaues Kästchen in Form eines Bumerangs ist dabei herausgekommen, aus sehr stabilem Hartplastik, unten am Hals zu tragen, befestigt mit einem ebenfalls sehr stabilen Halsband.

Vollüberwachung per Handy

"Die größte Herausforderung", erzählt Süsse, "war die Stromversorgung." Sechs Monate Almbetrieb, das ist eine lange Zeit für Akkus. Gelöst haben es die Entwickler schließlich mit speziellen Industrie-Batterien. In Serie gehen soll das Weide-GPS 2016, der angestrebte Preis liegt zwischen 200 und 300 Euro, kündigt Süsse an. Nächstes Jahr startet die Felderprobung an 50 Almkühen. Dass nicht überall in den Bergen Empfang ist, sei nur ein kleines Problem, sagt Institutsleiter Wendl, "so weiß der Almbauer wenigstens ungefähr die Richtung." Mit der Kuh-Ortung ist es mittelfristig auch nicht getan: Die nächste Stufe ist die Überwachung der Bewegungsaktivität der Rinder. Damit sehe der Almwirt schon am Handy, ob alles in Ordnung ist, und müsste vielleicht nur noch jeden zweiten Tag hinauf auf die Alm.

© SZ vom 26.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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