Ungebremster Boom:Wachstum ohne Ende

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Der Gemeinde Hallbergmoos bleibt eigentlich nichts anderes übrig, als neuen Wohnraum zu schaffen - wie hier an der Bürgermeister-Funk-Straße. (Foto: Marco Einfeldt)

Hallbergmoos könnte 2030 bereits 17 500 Einwohner haben. Die Gemeinde muss deshalb dringend Bauland ausweisen

Von Gerhard Wilhelm, Hallbergmoos

Die Region München boomt seit Jahren. Als eine der wenigen Regionen in Deutschland steigt die Bevölkerung stetig an. Die Infrastruktur - Wohnraum, Straßen, Kindergärten, Schulen und vieles mehr - kann da oft nicht mithalten. Die Folgen sind bei den Preisen für Immobilien zu sehen. Nirgendwo in Deutschland muss man mehr zahlen als hier. Der Druck auf die Kommunen, mehr Wohnraum auszuweisen, ist deshalb enorm. Die Gemeinde Hallbergmoos etwa wuchs in den vergangenen zehn Jahren von knapp 8300 auf derzeit etwa 10 500 Menschen - Tendenz steigend. Laut einer Studie des Stadtplaners Thomas Wild ist die Bevölkerungsentwicklung "nach wie vor ungebremst und überdurchschnittlich".

Doch während einige Gemeinden versuchen, ihr Wachstum angesichts der Folgekosten zu reduzieren, nimmt Hallbergmoos die Herausforderung an - was dank eines hohen Gewerbesteueraufkommensleichter fällt als bei anderen Kommunen, die weniger Firmen am Ort haben, wie Bürgermeister Harald Reents (CSU) zugibt: "Natürlich tut sich die Gemeinde aufgrund der derzeit guten Einnahmesituation eher leicht, die Herausforderungen zu stemmen. Zu den Herausforderungen gehört deshalb auch, mit Wirtschaftsförderung und aktiver Standortpolitik das gute Gewerbesteueraufkommen aufrechtzuerhalten."

Nach der Studie des Städteplaners könnte Hallbergmoos bei einem gleichbleibenden Bevölkerungswachstum von drei bis vier Prozent in 15 Jahren zwischen 15 200 und 17 500 Einwohner haben. "Gegensteuern wäre in unserer Situation nur kontraproduktiv. Dies würde allenfalls dem Verdrängungswettbewerb auf dem Wohnungsmarkt weiter Vorschub leisten. Die Leidtragenden wären vor allem die Bürger, die nicht so zahlungskräftig sind, Senioren, junge Familien. Deshalb begleiten wir das Wachstum lieber, zum Beispiel mit neuen Baulandausweisungen und einem Einheimischenmodell, das im Herbst starten wird", sagt Reents.

Der gültige Flächennutzungsplan erlaubt jedoch nach derzeitigem Stand nur mehr rund 3800 zusätzliche Einwohner. Der Druck nach mehr Wohnbauland kommt aber nicht nur von außen. Es gibt auch Anfragen von Bürgern aus der Gemeinde, genauer aus dem Ortsteil Goldach, dort zwei Gebiete östlich und westlich des Lindenweges sowie zwischen Am Bach und Schönstraße zusätzlich auszuweisen. Diese Gebiete hatte die Gemeinde schon bei der zehnten Änderung ihres Flächennutzungsplanes 2008 als Allgemeine Wohngebiete ausweisen wollen - damals lebten knapp 9000 Einwohner in Hallbergmoos. Und tatsächlich sank die Bevölkerung der Gemeinde ein Jahr später erstmals um fünf Einwohner.

Die Regierung von Oberbayern und das Landratsamt Freising drängten die Gemeinde damals, auf die beiden Gebiete zu verzichten, weil eine städtebauliche Entwicklung südlich der Hauptstraße, zusätzlich zu der im Osten geplanten über den Planungshorizont hinausgehe. Eine derart rasante Entwicklung konnte man sich seinerzeit offenbar nicht vorstellen. "Doch die Lage hat sich geändert. Jetzt sind wir an einem Punkt, an dem wir nur nach Süden noch wachsen können", sagte Reents in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Grundstückseigentümer seien mittlerweile willig, auch dort zu bauen. Für den Stadtplaner Thomas Wild ist die Wohngebietsausweisung der 22 Hektar in Goldach "nicht nur wünschenswert, sondern ist aufgrund der prognostizierten Bevölkerungsentwicklung auch erforderlich". Sie schafft Platz für rund 2000 neue Einwohner.

Dies sieht auch der Gemeinderat so. Deshalb beschloss er einstimmig, die Flächen im Zuge der nächsten Flächennutzungsplanänderung aufzunehmen. Eine Diskussion darüber gab es nicht. "Wir können uns der Entwicklung schlichtweg nicht entziehen. Wachstum bringt Herausforderungen mit sich. Aber Wachstum ist auch ein Zeichen für ein attraktives Umfeld, was nicht zuletzt auch Unternehmen auf Hallbergmoos als Wirtschaftsstandort aufmerksam werden lässt. Und das ist sehr positiv. Denn nur so können wir weiter vieles in Form freiwilliger Leistungen zurückgeben", sagt Bürgermeister Reents. Doch auch bei den Pflichtaufgaben sieht sich die Gemeinde Hallbergmoos gut gerüstet. "Im nächsten Baugebiet Jägerfeld-West ist auch wieder ein Kinderhaus vorgesehen. Zudem müssen wir in den nächsten Jahren unsere Grundschule erweitern. Daneben gilt es, die steigende Verkehrsbelastung zu bewältigen und weiterhin dafür zu sorgen, dass unsere Bürger an bezahlbaren Wohnraum beziehungsweise an Bauland kommen."

© SZ vom 20.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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