Autodiebstahl:Ein Käfer mit rotem Punkt ist kein Geschenk

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Ein roter Punkt an einem Fahrzeug zeigt an, dass es nicht mehr betriebstauglich ist. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Heimlich transportieren zwei Hobbymechaniker in Eching einen heruntergekommenen und von der Polizei rot markierten VW-Käfer ab. Über die saftige Geldstrafe können sie noch froh sein.

Von Alexander Kappen, Freising/Eching

Wenn der junge Mann, der sich jetzt wegen Diebstahls vor dem Freisinger Amtsgericht verantworten musste, demnächst seine Ehefrau als "bessere Hälfte" bezeichnet, kann man getrost davon ausgehen, dass er das nicht nur so dahin sagt, sondern wirklich so meint. Schließlich hat die Gattin den 27-Jährigen aus dem Kreis Erding zu einer Selbstanzeige bei der Polizei gedrängt und somit wohl vor einer Freiheitsstrafe bewahrt.

Der Angeklagte hatte zusammen mit seinen gleichaltrigen Kumpel, der ebenfalls im Kreis Erding wohnt, im Juli vergangenen Jahres in Eching einen alten VW-Käfer gestohlen. Da die beiden jeweils einschlägig vorbestraften Täter knapp zwei Wochen später freiwillig zur Polizei gegangen sind und ihre Tat gestanden haben, verurteilte Richterin Tanja Weihönig sie jetzt "nur" zu saftigen Geldstrafen von 10 200 und 9450 Euro.

Die vorbestraften Täter schoben den Käfer auf einen Transporter

Wie die beiden Angeklagten der Richterin erzählten, hatten sie einen Hinweis bekommen, dass an der Freisinger Straße in Eching ein alter Käfer abgestellt sei. Die zwei Männer, die in ihrer Freizeit offenbar gerne an Autos rumschrauben, fuhren hin, um sich den Oldtimer anzuschauen. "Der war abgemeldet und hatte einen roten Punkt drauf", berichtete einer der beiden. Mit dem "roten Punkt" werden von der Polizei Fahrzeuge gekennzeichnet, die offenbar nicht mehr betriebstauglich sind und auf öffentlichem Grund abgestellt wurden. Die Kennzeichnung dient als Aufforderung an den Besitzer, das Auto zu entfernen. Die Angeklagten fühlten sich durch den roten Punkt wohl dazu animiert, den alten Käfer mitzunehmen, "wieder aufzubauen und ihn dann selbst zu fahren", wie sie sagten. Sie drückten ein Klappfenster des Käfers auf, um die Tür zu öffnen, nahmen den Gang heraus, lösten die Handbremse und schoben das Auto auf einen Transporter, den sie zuvor extra geholt hatten. Dann brachten die den gestohlenen Wagen in eine Halle, die einer der beiden Angeklagten angemietet hatte.

Der erzählte seiner Frau, er habe den Wagen geschenkt bekommen. Aber als sie in der Zeitung von einem gestohlenen Käfer las, "hat sie schon gewusst, was los ist", erzählte der 27-Jährige der Richterin: "Sie hat gesagt, wir sollen zur Polizei gehen und das schleunigst wieder in Ordnung bringen". Als ein Erdinger Polizist den Angeklagten just zu dieser Zeit anrief und zu einer Vernehmung lud, weil eine Anzeige wegen Internetbetrugs gegen ihn vorlag, "hat er mich gleich unterbrochen und die Sache mit dem gestohlenen Auto gestanden", berichtet der Beamte als Zeuge. Der 27-Jährige überzeugte seinen Mittäter und erschien am Abend bei der Polizei, um sich selbst anzuzeigen.

Seine "bessere Hälfte" redete dem Mann ins Gewissen

"Trotz eines Zeugenaufrufs in der Presse gab es keinerlei Hinweise auf die Täter", sagte der Polizist: "Wenn sie einen neuen Motor eingebaut und das Auto umlackiert hätten, wäre das wohl nie gefunden worden." So aber konnte der Besitzer verständigt werden, der das Auto noch am selben Abend abholte und die Entschuldigung der beiden Täter akzeptierte. Über die Delle in der Tür und einen Kratzers im Kotflügel sah er großzügig hinweg. Und den Wert des Autos, den die Staatsanwaltschaft auf 13 000 Euro beziffert hatte, korrigierte er zu Gunsten der Angeklagten auf "vielleicht 7000 oder 8000 Euro". Wenn die beiden "sich jetzt bessern, will ich ihnen keine Knüppel zwischen die Beine werfen", sagte er.

Auch der Staatsanwalt meinte es gut mit den beiden. Dieser spezielle Fall sei wegen der Selbstanzeige "ein Ausreißer, der es gerechtfertigt, keine Freiheitsstrafe zu verhängen". Er beantragte 175 Tagessätze zu je 60 und 140 Tagessätze zu je 70 Euro. Die Richterin verhängte gegen einen Angeklagten - er war siebenfach vorgeahndet und stand unter einschlägiger offener Bewährung, weil er seinen früheren Arbeitgeber bestohlen hatte - zu 170 Tagessätzen à 60 Euro. Sein Komplize, der früher schon mal eine Jugend-Bewährungsstrafe wegen schweren Bandendiebstahls erhalten hatte - muss 135 Tagessätze à 70 Euro zahlen. Normalerweise wären Freiheitsstrafen von drei bis sechs Monaten fällig gewesen. Wegen der Selbstanzeige und der besonderen Umstände "kann das in eine Geldstrafe umgewandelt werden" sagte die Richterin: "Das muss aber ein deutlicher Denkzettel sein."

© SZ vom 20.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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