Neufahrn:Eine Stelle für den Junior

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Die Gemeinde will einen EDV-Mitarbeiter einstellen. Einziger qualifizierter Bewerber ist der Sohn des Bürgermeisters.

Birgit Grundner

Eine Personalie aus dem Rathaus ist derzeit das Gesprächsthema in Neufahrn. Denn die neue Stelle eines EDV-Mitarbeiters soll nach dem Willen von Bürgermeister Rainer Schneider mit seinem eigenen Sohn besetzt werden. Am kommenden Mittwoch soll der Verwaltungs- und Personalausschuss darüber entscheiden. Der angehende Informatiker Florian Schneider, der sein Studium demnächst beendet, war bis vor kurzem auch der einzige Bewerber. Kein Wunder, bemängeln Kritiker, schließlich sei die Stelle auch kaum beworben worden - nur im Bayerischen Staatsanzeiger, auf der Homepage der Gemeinde und über die "Jobbörse" der Arbeitsagentur war sie ausgeschrieben.

Von Verhältnissen wie in einer "Bananenrepublik" und "Selbstbedienungsmentalität" ist inzwischen die Rede, Schneider haben nun "endgültig übertrieben". Der Bürgermeister weist die Vorwürfe zurück und kritisiert seinerseits den Personalrat. Der habe aufgrund der vorliegenden Unterlagen bereits Zustimmung zur Stellenvergabe an seinen Sohn signalisiert, durch eine Indiskretion sei die Personalie nun öffentlich gemacht worden, ärgert er sich. Damit werde gegen einen Mitarbeiter der Gemeinde agiert - sein Sohn nämlich jobbt bereits seit sechs Jahren am Wertstoffhof und das mit Zustimmung des zuständigen Ausschusses, wie Schneider betont. Wenn die Vertraulichkeit von Daten nicht gewährleistet sei, sei das nicht hinnehmbar und müsse Konsequenzen haben, sagt er.

Die Stimmung im Rathaus dürfte damit einen neuen Tiefpunkt erreicht haben. Einigkeit besteht allenfalls darin, dass der EDV-Bereich - angesiedelt in der Stabsstelle des Bürgermeisters - mit seinen momentan nur 1,5 Stellen dringend ausgebaut werden muss. Der Gemeinderat hatte deshalb auch eine zusätzliche Stelle genehmigt. Dass dann zunächst eine leitende Stelle ausgeschrieben wurde, hat dem Vernehmen nach aber so manchen überrascht. Nachdem sich abgezeichnet habe, dass der Gemeinderat das so offenbar nicht gewollt habe, sei man davon aber wieder abgerückt, so der Bürgermeister. Leiter im EDV-Bereich bleibe Johann Wiesinger.

Man sei aber auch nur so vorgegangen, "damit überhaupt einer nachfragt", erklärt der Bürgermeister weiter. "Ein paar" hätten sich auch erkundigt, qualifizierte Bewerber seien aber nicht dabei gewesen. Informatiker mit Universitätsabschluss seien überhaupt schwer für den öffentlichen Dienst zu gewinnen, betont Schneider, denn die Bezahlung sei deutlich schlechter als in der Privatwirtschaft: "Der EDV-Bereich ist im Tarifsystem noch nicht angekommen." Man brauche also Bewerber, die sich gezielt für den öffentlichen Dienst interessieren - daher auch die Ausschreibung im Staatsanzeiger und nicht in Tageszeitungen oder Fachzeitschriften: "Das macht keinen Sinn, weil wir nicht konkurrenzfähig sind." Er habe seinen Sohn gebeten, sich zu bewerben und "uns zwei, drei Jahre zu helfen" - dann sei auf Nordallianz-Ebene ohnehin ein kommunales Rechenzentrum geplant. Schließlich, so Schneider, hätten praktisch alle Kommunen zunehmend Probleme und Engpässe im EDV-Bereich, deshalb wolle man das Thema gemeinsam angehen. Bis dahin müsse man andere Lösungen finden.

Inzwischen hat sich die Zahl der Bewerber auf drei erhöht, wobei zwei laut Schneider nicht über die erforderliche Qualifikation - einen Masterabschluss an der Hochschule - verfügen. Bei seinem Sohn Florian dagegen stehe der Abschluss unmittelbar bevor, er sei damit qualifiziert und zudem bereits Mitarbeiter der Gemeinde. Selbst bei nur gleicher Qualifikation würde er deshalb bevorzugt - "so wie es seit 23 Jahren bei der Gemeinde Usus ist".

Die jetzige Situation könnte nun dazu führen, dass man den besten Bewerber nur deshalb nicht nehmen könne, "weil er zufällig mein Sohn ist", resümiert Schneider. In der Konsequenz würde das bedeuten, dass man zum Beispiel auch keinem Kind eines Mitarbeiters mehr einen Ausbildungsplatz geben könnte.

Auch wenn der Bürgermeister abwiegelt: Die Sache mit seinem Sohn habe schon "einen Beigeschmack", findet CSU-Gemeinderätin Christa Kürzinger-Probst. Und rückblickend fragt sie sich, ob die Stelle nicht vielleicht schon "vor diesem Hintergrund" geschaffen wurde. "Ganz grundsätzlich sollte ein Bürgermeister nie seinem eigenen Kind oder anderen nahen Angehörigen zu einer Stelle im eigenen Rathaus verhelfen - völlig unabhängig von deren Eignung und Qualifikation", findet auch Claudia Bosse (Grüne). "Schon erstaunlich" sei es, dass auf die Stellenausschreibung nur eine einzige qualifizierte Bewerbung eingegangen sei. Das könne "durchaus Rückschlüsse auf Formulierung und Art und Weise der Veröffentlichung" zulassen. Und Beate Frommhold-Buhl (SPD) wundert sich, dass die Stelle beim Arbeitsamt auf einen Umkreis von 30 Kilometer begrenzt ausgeschrieben wurde". Weshalb solle sich denn nicht beispielsweise ein Informatiker aus Landshut in Neufahrn bewerben können? Der Personalausschuss werde hier "sicher ganz genau hinsehen", sagte die Sozialdemokratin: "Und ein Aushilfsjob beim Wertstoffhof kann nicht ausschlaggebend sein für eine Stelle in der EDV."

© SZ vom 06.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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