Nächtliche Aktion:Kein Mensch ist illegal

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Moosburger Pazifistengruppe macht mit Kranzniederlegung am Kriegerdenkmal auf das Flüchtlingsdrama aufmerksam

Von Alexander Kappen, Moosburg

Von langer Hand geplant war das Ganze nicht, sagt Björn Groß. "Es hat sich eher spontan entwickelt", berichtet der Moosburger Pazifist, der in der Nacht zum Montag mit einer Hand voll Gleichgesinnten vor dem Kriegerdenkmal am Plan einen Trauerkranz mit der Aufschrift "Kein Mensch ist illegal" niedergelegt und ein Holzkreuz aufgestellt hat, auf dem "Grenzen töten" stand. Letztere Idee hat die Gruppe von der Protestaktion "Die Toten kommen" übernommen. Diese hob kürzlich vor dem Berliner Reichstag mehr als 100 Gräber aus, um gegen die Flüchtlingspolitik von Bundesregierung und EU zu demonstrieren und der vielen Menschen zu gedenken, die ihre Flucht über das Mittelmeer mit dem Leben bezahlen.

Auf diese Problematik wollten die Moosburger Aktivisten auch in ihrer Heimatstadt aufmerksam machen. Einerseits. Andererseits - und das war der eigentliche Auslöser für die Aktion - wollten sie ein Zeichen setzen gegen die rassistischen Äußerungen, die sie in Moosburger Facebook-Gruppen zuletzt häufiger gelesen hätten, wie Groß erzählt. "Man muss sich das mal vorstellen: Da kommen Asylbewerber zu uns, lernen deutsch - und dann müssen sie solche Kommentare lesen, da wird mir schlecht", sagt Groß und nennt auch ein konkretes Thema: "In einem Post ging es darum, dass ein Asylbewerberheim in Moosburg gebaut wird - und dann gab es zig Kommentare gegen dieses Heim und keiner hat dagegen gesprochen, das ist traurig."

Mit der Aktion am Kriegerdenkmal wollen Groß und seine Mitstreiter, die sich in einer geheimen Internetgruppe formiert haben, die Moosburger dazu animieren, sich mit der Problematik auseinanderzusetzen: "Es soll ein Anstoß sein, und ich denke schon, dass es was bringt." Auch wenn das Mahnmal selbst nur eine kurze Verweildauer hatte. Am Montagmittag hatten Mitarbeiter der Stadt es im Auftrag der Rathausverwaltung bereits beseitigt. "Uns war schon klar, dass das nicht lange stehen bleiben wird", sagt Groß. Aber man habe alles fotografiert und auf Facebook veröffentlicht. Auf diese Weise habe das Mahnmal schließlich auch eine gewisse Nachhaltigkeit.

Nach einigem Überlegen hat er sich entschieden, sich mit seinem Namen öffentlich zu der Aktion zu bekennen: "Ich habe mir gedacht: Was soll's? Wenn man einen Protest organisiert, muss man auch dazu stehen." Von möglichen Konsequenzen, die eventuell von Seiten der Stadt zu erwarten seien, habe die Gruppe sich nicht abschrecken lassen. Sie habe ohnehin darauf geachtet, im Bereich des Kriegerdenkmals nichts kaputt zu machen. "Wir haben das Kreuz sogar extra geschraubt, damit keine Nägel rausstehen und sich jemand beim Wegräumen verletzt", sagt der Aktivist. Der Standort ist übrigens kein Produkt reiflicher Überlegung, sondern des Zufalls. Es ist eben ein zentraler Platz. "Dass da ein Kriegerdenkmal steht, war uns gar nicht bewusst, manche von uns haben gedacht, da steht nur ein Baum drin", sagt Groß: "Es war Schicksal, dass der Ort thematisch eigentlich ganz gut passt".

© SZ vom 01.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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