Nach ordnungsgemäßer Anreise im Zug:Workshop für den Widerstand

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Londons bekannteste Startbahn-Protestler sind zu Besuch in Freising

Petra Schnirch

Eine Kletteraktion aufs Dach des Parlaments, ein Picknick mit Streichquartett in der Abflughalle, ein Flashmob im Terminal: Die Protestaktionen gegen den Bau einer dritten Startbahn am Flughafen London-Heathrow waren kreativ und vor allem erfolgreich. Im Mai 2010 stoppte die britische Regierung die Ausbaupläne. John Stewart, der selbst in der Einflugschneise lebt, führt dies auf eine breite Koalition von Anwohnern, Umweltverbänden und Aktivisten der Klimaschutz-Bewegung zurück - und er hält die aktuelle Situation in München mit der in London vor einigen Jahren für durchaus vergleichbar.

Gemeinsam mit Tamsin Omond und Dan Glass, ebenfalls bekannte Gesichter des Widerstands, ist er - mit dem Zug - zu einem Klimakongress der Jugendorganisation Bund Naturschutz (JBN) nach München gereist. Zuvor kamen sie am Freitagvormittag aber zu einem Gedankenaustausch ins Erdinger Moos. Er sei zu "hundert Prozent" davon überzeugt, dass die dritte Startbahn am Münchner Flughafen verhindert werde. Es sei hier sogar einfacher zu gewinnen: Da die Zahl der Langstreckenflüge nicht so groß sei wie in Heathrow, gebe es Alternativen, etwa den Zugverkehr. Grünen-Landtagsabgeordneter Christian Magerl ergänzte, dass ein Viertel der Passagiere in München innerdeutsch unterwegs sei.

Die Flughafen München GmbH konterte, dass ein Vergleich der beiden Airports nicht möglich sei. London habe ein sehr viel größeres Einzugsgebiet, sagte FMG-Sprecher Ingo Anspach. Außerdem gebe es in der Region dort insgesamt fünf Flughäfen. Der Interkontinentalverkehr konzentriere sich stark auf Heathrow, deshalb gebe es einen ganz anderen Flugzeugmix mit deutlich größeren Maschinen. München dagegen sei als Drehkreuz auf Zubringer angewiesen.

Dass betroffene Anwohner und Klimaschutz-Aktivisten in London an einem Strang zogen, sei "neu und ungewöhnlich", bilanzierte Stewart. Weiterer wichtiger Baustein des Erfolgs sind für Tamsin Omond die öffentlichkeitswirksamen Aktionen, die sich manchmal auch im Grenzbereich der Legalität abgespielt hätten, aber gewaltfrei geblieben seien. Für großes Aufsehen sorgte beispielsweise Dan Glass, als er seine Hand 2008 mit Sekundenkleber an das Jackett von Premier Gordon Brown heftete. Außerdem sei es gelungen, mit einer unabhängigen Studie wirtschaftliche Argumente zu entkräften, schilderte Stewart. Einen völlig neuen Groß-Flughafen in der Themse-Mündung, wie von Londons Bürgermeister in die Diskussion eingebracht, wird es nach Ansicht der drei Aktivisten nicht geben. "Das Projekt ist sehr vage", sagte Stewart - und es wäre viel zu kostspielig.

Eine wirtschaftliche Notwendigkeit für den Ausbau sieht Magerl auch im Erdinger Moos nicht: Trotz der "Jubel-Arien" der FMG liege die Zahl der Flugbewegungen im vergangenen Jahr mit 410 000 noch weit unter dem Rekordwert von 2008 mit 432 000. Der JBN will nun wie in London mehr junge Leute in den Widerstand holen, es gehe auch um die "Rechte zukünftiger Generationen", sagte Martin Geilhufe. Im Juli ist auf dem Sportgelände in Attaching ein Klima-Camp geplant.

Am Montag wird OB Dieter Thalhammer die Delegation aus London im Rathaus empfangen, ihre nächsten Ziele sind dann Berlin und Frankfurt. Aber auch hier in der Region sind die Startbahngegner aktiv: Am Dienstag wird das Münchner Bündnis 35 000 Unterschriften übergeben und ein Bürgerbegehren beantragen.

© SZ vom 25.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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