Moosburg:Welt außerhalb von Logik und Zeit

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Der Aquapark Moosburg hat sich am Wochenende wieder zu einer Insel verwandelt - zu Utopia Island. Unter dem Leitspruch "We are one" wird auf fünf Bühnen Musik gemacht und davor wild getanzt

Von Rebecca Seeberg, Moosburg

Am Wochenende hat sich der Aquapark Moosburg wieder zu einer Insel verwandelt- zu Utopia Island. Dem sprechenden weißen Kaninchen hinterher in seinen Bau entführten die Veranstalter des Modern Music Festivals die Besucher in eine Welt außerhalb von Logik und Zeit. Gegessen wird, wann der Magen knurrt, getrunken wird - "immer", so ein Festivalbesucher. Geschlafen wird allenfalls ab drei Uhr nachts, wenn auf der Hauptbühne die Lichter ausgemacht werden. Zwischen Campingstühlen, Wohnmobilen und Zelten geht die Party im Utopia Village dann weiter. Erst in den frühen Morgenstunden torkeln grinsekatzenähnliche Gestalten Arm in Arm in ihre Zelte.

Harmonie ist das ausgewählte Ziel in dem kleinen Staat Utopia. Unter dem Leitspruch "We are one" steht das vom Veranstalter Klangfeld GmbH gestaltete Festivalkonzept. Die fünf Bühnen sind den vier Elementen und der Liebe gewidmet, der Liebe zu elektronischer Musik, aber auch dem Gemeinschaftsgefühl, so erklärt es Pressesprecher Leonhard Mandl.

Luftiges Highlight ist dieses Jahr das sonst nur auf zwei anderen Festivals in Deutschland zu findende Riesenrad. Im wummernden Takt aus dem Wind gewidmeten Zelt gleich daneben verschwimmen dessen Farben zu bunten Kreisen. "We are Chase and Status" ruft der MC in die pulsierende Menge hinein. Der Beat steigert sich, setzt aus, die Menge wirft die Arme hoch und - rein in den Moshpit, die Menschentraube vor der Bühne. Weg da, Luft schnappen, hinlegen, Riesenrad angucken und schnell zum nächsten Stand, bevor man ausnüchtert. Bloß nicht raus aus der allgemeiner Ekstase, der blaurosavioletten knallerfarbenen Stimmung. "Wir haben uns so lieb", ruft ein Festivalbesucher voller Glück und drückt seine Freundin - Glitzerwange an Glitzerwange. Ausgestattet sind sie mit einem Sack voll Konfetti, einem blinkenden Ring, einer Wasserpistole, Leuchtstäben und, ganz wichtig, einem Mikrofon ohne Kabel. "Damit kann man Leute viel einfacher ansprechen", verrät er. Auf Utopia ist das aber ohne ganz einfach. "Auf dem Zeltplatz hilft man sich gegenseitig, wo man kann, oder setzt sich einfach zu seinen Nachbarn dazu", beschreibt ein erfahrener Camper.

Währenddessen wandern die Zigarettenboys alleine mit blinkendem Wimpel und einer Tragetasche voller Marlboroschachteln und Raucherglück durch die Menge. Einer hatte wohl keine Lust mehr, denn sein Fähnchen mit der Aufschrift "Cigaretts" wirbelt jetzt ein Mädchen durch die Luft. Gegenüber tanzt ihre Freundin mit Klopapierschlangen zu den Liedern der Sängerin Mø. "Als wäre man unter Wasser", beschreibt ein Fan ihre Musik.

Dieser Eindruck mag durch die sphärischen Gitarrenklängen entstehen. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass diese Nacht so unwirklich scheint. Während Mø mit verrauchter Stimme von "the rhythm of the drums inside my head" singt, wendet manch einer den Blick nach oben, vorbei an wehenden Luftballonketten, vorbei an dem hoch über der Menge tanzenden Regenschirm mit Tigerohren, um den schwarzen Nachthimmel nach etwas Klarheit im Kopf abzusuchen.

"Gotta slow up, gotta shake this high - Gotta take a minute just to ease my mind", singt auch KWABS, einer der Hauptakts am Freitag Abend. Sein Auftritt zählt zu einem der wenigen Konzerte des Engländers in Deutschland.

"Als regelrechten Bühnenabriss kann man den Auftritt von Bilderbuch bezeichnen", sagt Leonhard Mandl. Die zurecht für ihre Live Performances bekannte Punk-Rock Band aus Österreich rundet das Festival am Samstag Abend ab. "Wenn die Klangfeldmaschine losläuft, dann passiert außergewöhnliches", so der Pressesprecher.

Mittlerweile bestehe das Team von Utopia Island aus fast 40 Ehrenamtlichen, die sich Jahr für Jahr für das Gelingen des Festivals ins Zeug legen. Jedes Mal käme ein neuer Baustein für das Utopia Konzept dazu. Für nächstes Jahr sei schon ein neues Highlight geplant, verspricht Leonhard Mandl.

Doch noch währt der Zauber der Nacht und so stürzt man sich zurück ins Getümmel, jetzt in das Terra Zelt, wo testosterongeladener Männerschweiß einem schon am Eingang entgegenschlägt. Drinnen beherrschen Dauerbeschallung, blitzendes Licht und Bilder im Sekundentakt die Menge. Ein Tigerkopf brüllt, ein Mädchen führt verrückte Stammestänze auf. Und überall zu finden ist: der Zigarettenboy.

© SZ vom 17.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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