Mit Klappstuhl und Sitzkissen:Picknick im Terminal

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Startbahngegner treffen sich am Samstag zu einer Protestkundgebung gegen den Fluglärm.Mitten im Terminal zwei wollen sie es sich bequem machen.

Petra Schnirch

Flughafenanwohner in ganz Deutschland machen am morgigen Samstag, 24. März, mobil: Unter der Überschrift "Fluglärm macht krank" sind an sechs großen Airports Protestaktionen geplant. Im Erdinger Moos treffen sich die Startbahngegner um 15 Uhr zu einem Protest-Picknick - mitten im Terminal zwei, neben den Lufthansaschaltern. Auf Ebene vier werden sie es sich mit Sitzkissen und Klappstühlen bequem machen, Tischtücher ausbreiten und sich die mitgebrachte Brotzeit und Getränke (kein Glas!) schmecken lassen. "Wir alle wollen auch einmal ohne Fluglärm in aller Ruhe Brotzeit machen", heißt es in der Pressemitteilung.

Damit jeder weiß, worum es geht, stehen auf den Picknickdecken Argumente und Slogans. Die Freisinger Band Ohrensausen sorgt für die Tischmusik. Die Teilnehmer erhalten einheitliche Trikots. Mit dabei sind auch die "Freisinger Sargträger", die bereits Blickfang bei mehreren Demonstrationen waren. Gegen 16 Uhr informiert der Grünen-Landtagsabgeordnete Christian Magerl über die aktuelle Lage in der Auseinandersetzung um die dritte Startbahn.

Kundgebungen sind aber auch in Frankfurt, Düsseldorf, Köln, Leipzig und Berlin-Schönefeld geplant. "Unsere Aktion ist ein Aufschrei", schreiben die Veranstalter. Rückhalt bekommen sie von Thomas Meinertz, dem Präsidenten der Deutschen Herzstiftung. Die Patientenorganisation appellierte im Februar an das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, sich für ein striktes Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr zu entscheiden und damit den neuen medizinischen Kenntnisstand zu berücksichtigen. "Dauernde hohe Belastung durch Fluglärm macht krank", warnt Meinertz, das belegten wissenschaftliche Studien. Die hohen Lärmpegel führten zu einer Ausschüttung von Stresshormonen und damit zu Bluthochdruck, einem der wichtigsten Risikofaktoren für Herzerkrankungen und Schlaganfall. "Schon tagsüber ist der Fluglärm vielerorts nicht zumutbar", sagt Meinertz. Noch gravierender sei er in der Nacht, "weil dann die Erholungsphase fehlt, die für Körper und Seele unbedingt notwendig ist".

Das Risiko erhöhe sich bei Personen, die einer Fluglärmbelastung von über 50 Dezibel ausgesetzt waren, um 19 Prozent. Die Herzstiftung beruft sich auf Untersuchungen schwedischer Forscher. Schweizer Wissenschaftler hätten darüber hinaus nachgewiesen, dass es zwischen Herzinfarkt-Sterblichkeit und Fluglärm einen deutlichen Zusammenhang gebe. Sie fanden heraus, wie es in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Herz heute heißt, dass für Personen mit starker Fluglärmbelastung von über 60 Dezibel ein um 30 Prozent höheres Risiko besteht, an einem Herzinfarkt zu sterben als für Anwohner, die mit 45 Dezibel leben müssen. Leidet jemand mindestens 15 Jahre unter dauerhafter Fluglärmbelastung, erhöhe sich dieses Risiko sogar um 50 Prozent.

Die Deutsche Herzstiftung hat deshalb klar Position bezogen: Sie fordert neben einem strikten Nachtflugverbot einen aktiven Schallschutz und schonende An- und Abflugverfahren. Sie kritisiert, dass die Kerosinbelastung bisher viel zu wenig beachtet werde. Überhaupt sollten Gesundheitsaspekte bei jedem Neubau und jeder Erweiterung eines Flughafens "ein ganz neues Gewicht bekommen", so der Appell der Organisation. Und sie macht sich dafür stark, dass negative Auswirkungen, Erkrankungs- und Sterblichkeitsrisiken bei Planung und Genehmigung solcher Projekte künftig berücksichtigt werden.

© SZ vom 23.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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