"Kein Licht im Tunnel":Milchbauern in Existenznot

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Wegen niedriger Preise und eines Überangebots auf dem Weltmarkt hören immer mehr Landwirte auf

"Es ist kein Licht im Tunnel." Das war das wenig trostreiche Fazit, das Robert Hofmeister den Landwirten bei der Jahreshauptversammlung der Milchvermarktung Freising (MEG) im Mauerner Alten Wirt mit auf den Weg geben konnte. Hofmeister ist der Chef der gleichnamigen Unternehmensgruppe mit Molkerei und Käsewerk unter anderem in Moosburg. Und Hofmeister ist auch der Geschäftspartner für die in der MEG vertretenen Milcherzeuger, also Landwirte mit Milchviehhaltung.

Licht im Tunnel, das bräuchten die Milchbauern. Denn der Preis für den Liter Milch, den ihnen die Molkerei bezahlt, ist zum 1. Februar erneut gefallen, auf 29,5 Cent pro Kilogramm Milch. Und die Milchbauern sagen seit langem, dass ein Kilopreis von 40 Cent das Mindeste wäre, um überleben zu können. Immer mehr geben auf: Allein seit Jahresbeginn ist mehr als ein Dutzend Bauern aus der MEG ausgeschieden. Ganze 87 Mitglieder hat man noch, was sich täglich ändern kann, und zwar nach unten. Im Jahr 2014 erzeugten die Mitglieder noch genau 18 834 764 Kilo Milch, 2015 waren es mehr als eine Million weniger. Noch drastischer zeigt sich der Abwärtstrend an dem ausbezahlten Milchgeld: Von 7,3 Millionen Euro auf 5,5 fielen die Einnahmen der Milcherzeuger.

Nun zahlt Hofmeister nicht deshalb nur noch 29,5 Cent, weil er ein besonders knickriger Molkereibesitzer wäre. Im Gegenteil: In der Versammlung war viel von praktizierter Partnerschaft die Rede. Hofmeister unterliegt nur schlicht den Zwängen eines aus den Fugen geratenen Weltmarktes. Und: "Leider ist auch der Konsument ein bisschen schizophren." Fakt ist, so führte Hofmeister in seinem Referat aus, dass viel zu viel Milch auf dem Markt sei, um sinnvoll vermarktet werden zu können. "Wir vermarkten Milch eigentlich nicht mehr, sondern wir schieben sie praktisch in die Lager." Und nicht Amerika oder Neuseeland sind die Mengentreiber, sondern Europa ist es. Die Milchmenge ist hier um 2,5 Prozent gestiegen. Allen voran Irland, das einen 60-Prozent-Anteil an der Milchproduktion hat, Polen und Holland sind die Mengentreiber, wie es weiter hieß. Und dann ist wegen der Sanktionen wegen des Krim-Krieges Russland als größter Käseimporteur der Welt weggefallen. Und Chinas Wirtschaftswachstum ist ebenfalls gesunken.

Insgesamt also habe Europa einen Selbstversorgungsgrad von 115 Prozent, sagte Hofmeister. Die weggefallene Quotenregelung wieder einzuführen, brächte in den Augen des Molkereichefs auch nicht die Lösung, zudem habe dies Brüssel nicht im Sinn. Von dort sei in dieser Frage nicht viel zu erwarten. Es bleibe das nüchterne Fazit: "Es ist kein Licht im Tunnel in Sicht." Mit dem Wegfall der Quote habe sich nur der Strukturwandel beschleunigt

Im Klartext: Es werden noch mehr Landwirte aufgeben. Was die verbleibenden Milchbauern tun könnten, ist, sich marktadäquat aufzustellen, auf das Tierwohl und vor allem die Qualität zu achten. Und die Politik müsse sich bemühen, gleiche Rahmenbedingungen für alle Milcherzeuger zu schaffen.

© SZ vom 10.03.2016 / JE - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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