Jugendarbeit auf dem Land:Auf Strümpfen durch den Keller

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Zum Billard- oder Kickerspiel können sich die Jugendlichen von Mauern in ihrem Treff im Keller des Rathauses verabreden. (Foto: Sebastian Widmann)

Bei einem Jugendtreff denkt man an Graffiti, fleckige Sofas und schmutzige Böden. In Mauern ist das anders. Die Jugendlichen lassen in ihrem Kellerraum keinen Krümel liegen und möchten ihn genauso glänzend abgeben.

Von Alexandra Vettori, Mauern

Der Keller im Alten Rathaus in Mauern ist das Paradebeispiel eines Jugendzentrums: Die meisten der gut 20 Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 18 Jahren, die hier verkehren, haben beim Umbau geholfen, ihn selbst eingerichtet und drei von ihnen verwalten nach einem Lehrgang zum Jugendleiter den Schlüssel. Einmal in der Woche kommt Sozialpädagogin Anna Gramlich vom Kreisjugendring vorbei, seit die Gemeinde vor zwei Jahren eine Kooperation zur fachlichen Jugendpflege eingegangen ist.

Gramlich schaut nach dem Rechten, hört sich Probleme an, schmiedet mit Pläne. Sie ist voll des Lobes für die Jugend in Mauern. Denn die hängt nicht einfach nur gemeinsam ab - sie klinkt sich auch ins Gemeindeleben ein, mit Handykursen für Senioren, einem Ferienprogramm für Kinder und bald auch mit Integrationshilfen für junge Flüchtlinge.

60 000 Euro kostete der Umbau des Kellers

Manuel Gebhart trägt ein breites Grinsen im Gesicht. Der 18-Jährige gehört zu den Gründervätern des Mauerner Jugendtreffs, er kann sich noch an die legendäre Bürgerversammlung vor ein paar Jahren erinnern, bei der 20 Jugendliche aufkreuzten und den Wunsch nach einem Raum laut kund taten. Ein paar Versuche hat es dann gegeben, bis die Gemeinde den Keller des Alten Rathaus um- und Toiletten einbaute. 60 000 Euro habe das damals gekostet, betont der Jugendreferent des Gemeinderates, Lorenz Hagl (Freie Wähler). Gemeinsam mit dem harten Kern des Jugendtreffs sitzt er in den weichen 80-er-Jahre-Sofas, die um einen rustikalen Wohnzimmertisch gruppiert sind.

Nach dem Umbau durch die Gemeinde hat die Jugend Hand angelegt, die Wände geweißelt, den Boden verlegt und, wie Gebhart sagt, "die Möbel zusammen geschnorrt". Im Nebenzimmer gibt es eine Küchenzeile, einen Billardtisch, Kicker, eine Tischtennisplatte steht angelehnt an der Wand. Öffnungszeiten gibt es nicht, wer rein will, ruft einen der Jugendleiter an.

Alle laufen strumpfsockig, seit sie selber putzen müssen

"Wir sind da flexibel", sagt Gebhart. Ein Blick auf die Füße zeigt, dass alle Anwesenden strumpfsockig sind. Das haben sie so eingeführt, seit es keine Putzfrau mehr gibt, wie sie grinsend erzählen. Am Anfang habe man eine gehabt, aber weil dann geschmutzt worden sei, mit dem Argument, das mache doch die Putzfrau weg, habe man sich mehrheitlich dagegen entschieden. Jetzt wird selbst geputzt - und alle passen auf, dass möglichst wenig Dreck in die Stube kommt.

Dass der lockere, auf Vertrauen basierende Umgang mit den Räumen ein Privileg der Jugend auf dem Land ist, davon sind hier alle überzeugt. Man kennt sich eben. Obwohl das Landleben mit fehlendem öffentlichen Nahverkehr außerhalb der Schulbuszeiten und einer überschaubaren Anzahl von Gleichaltrigen seine Tücken habe, sind alle froh, auf dem Land zu wohnen.

Die Zehn- bis Zwölfjährigen trauen sich noch nicht so recht

"Da gehst im Winter nachts über Straßen und es sind keine Autospuren da", schwärmt Hendrik Eigel, "oder man kann Feuer machen oder im Wald übernachten". Die Gruppe selbst kennt sich größtenteils seit dem Kindergarten. Jetzt nach dem Schulabschluss stehen Beruf oder Studium an, für den Jugendtreff bedeutet das einen Generationswechsel. Sie haben schon um Nachwuchs geworben, mit Handzetteln und bei einer Jugendversammlung, zu der aber niemand kam. Immerhin: Zwei Gruppen von Zehn- bis Zwölfjährigen schauen ab und zu vorbei, "sie trauen sich aber noch nicht so recht", sagt Gebhart.

Ein Projekt werden sie aber auf jeden Fall noch anpacken. Der Mauerner Pastoralreferent Otto Pauer ist an die Jugendlichen herangetreten, weil im örtlichen Asylbewerberheim auch junge Flüchtlinge leben. Jetzt überlegt man, wie man gemeinsame Freizeit gestalten könnte.

Beim Gang nach draußen fällt der Blick auf die Eingangstür und ein Schild: "Licht aus? Heizung aus? Spülmaschine aus? Müll entsorgt?"

© SZ vom 02.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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