Hohenkammer:Im Wald der Schaumstoff-Tiere

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Der neue Bogenpark zieht viele Familien an, die dort Abenteuer erleben und auf sehr echt wirkende Attrappen schießen

Von Tobias Weiskopf, Hohenkammer

Ein tiefer Atemzug der sauerstoffreichen Waldluft. Die Bauchdecke hebt sich. Stille. Nur das Gezwitscher einiger Vögel klingt an diesem Mittag aus den Baumwipfeln. Innere Ruhe und volle Konzentration, absolute Körperspannung. Die Sonnenstrahlen bohren sich durch die Blätter der Laubbäume und durch das dichte Geäst der Fichten. Ganz langsam strömt die Luft wieder aus der Lunge. Den Bogen heben, spannen, zielen und beim Herausströmen der letzten Atemluft den Pfeil loslassen.

Unter den Baumkronen ist es warm, knapp unter 25 Grad. An diesem heißen Sommertag unglaublich erfrischend, denn außerhalb des Waldes beginnt die Luft über der Asphaltstraße schon zu flimmern. Ein ganz leises Zischen, dann ein kurzer, dumpfer Laut. Der Alligator ist erlegt - nicht etwa im südamerikanischen Dschungel, sondern in einem Waldstück bei Hohenkammer.

Natürlich ist von diesem Reptil keine echte Gefahr ausgegangen, denn es ist nur eine täuschend echte Attrappe, die aus speziellem Schaumstoff gefertigt wurde und als Ziel für Bogenschützen dient. Im Bogenpark Hohenkammer, der im Mai dieses Jahres eröffnet wurde, können Hobbyschützen auf die Jagd gehen. "Wir haben nur vegane Ziele", scherzt Betreiber Andy Müller, "denn die echte Bogenjagd ist in Deutschland natürlich verboten!" Darum gehe es auch gar nicht, denn der Bogen sei keine Waffe, sondern ein Sportgerät, erzählt er, und: "Bogenschießen ist eine Trendsportart, die gerade stark im Kommen ist." Für etwa 300 Euro sei man mit Anfängerbogen und einem Pfeilset dabei.

Der Umgang mit dem Bogen will geübt sein: Andy Müller erklärt Anfängern, wie sie das Sportgerät richtig spannen und was es sonst noch zu beachten gilt. (Foto: Marco Einfeldt)

In Hohenkammer sind auf einer großen gepachteten Fläche lauter originalgetreue Schaumstofftiere als Ziele quer über den Wald verteilt. Markierte Pfade führen die Besucher zu den Stationen und wer auf dem Weg bleibt, kann sich sicher fühlen, denn die Anlage wurde vom Dachverband der Bogenschützen abgenommen. Zusätzlich informieren Hinweisschilder Waldspaziergänger.

"Die Tiere als Ziele, das weckt in uns einfach Triebe aus der Steinzeit und macht natürlich viel mehr Spaß, als nur auf eine Scheibe zu schießen", findet Müller. Die meisten Lebewesen sind aus den heimischen Wäldern bekannt, manche wie den Luchs bekommt man bei einem normalen Spaziergang aber eher weniger zu sehen. Einige Exoten wie der Alligator, der gerade nach einem Biber schnappt, sind zum Spaß dazwischen gestellt worden. Die größte Distanz sei bisher ein Schuss aus 56 Meter auf einen lebensgroßen Rothirsch, erklärt Müller, nun sei einer über 80 Meter auf einen sich aufbäumenden Grizzlybär geplant.

Das Großartige beim Besuch im Bogenpark sind daher sicherlich die vielen Tiere, die es zu entdecken gibt. An jeder Station können Kinder und auch ihre erwachsenen Begleiter so einiges lernen, denn für die Besucher wurden Informationstafeln aufgestellt, die etwas über den natürlichen Lebensraum, Fressfeinde, Beute und Bedrohung verraten. Und wer neben der Jagd mit Pfeil und Bogen noch mehr über die Natur wissen möchte, kann eine geführte Tour mit dem Förster buchen.

Pascal und Raphael schauen erstmal zu - die Tiere im Bogenparcours sehen täuschend echt aus, laufen aber, zum Glück für die Schützen, nicht weg. (Foto: Marco Einfeldt)

Solche Touren seien besonders bei Kindergeburtstagen beliebt. Doch bevor es losgeht, startet Andy Müller mit den jungen Gästen und auch allen anderen Anfängern einen etwa zweistündigen Schnupperkurs an der kleinen Waldhütte. "Dann macht es gleich viel mehr Spaß, wenn man auch eine Chance hat zu treffen", sagt er. Wer schon Erfahrung hat mit Pfeil und Bogen, darf natürlich gleich loslegen, trägt sich in eine Liste ein und wirft das Startgeld (14 Euro für Erwachsene, neun Euro für Kinder) in einen Briefkasten. "Das läuft auf Vertrauensbasis, man kann also auch schießen gehen, wenn niemand da ist", erklärt der Betreiber, der alle Informationen auf seiner Homepage zusammengestellt hat.

Viele Familien zieht es derzeit in seine Anlage, denn so kämen die Kinder mal weg vom Bildschirm und können die Natur erleben. "Bei uns ist Handyverbot, aber ans Smartphone denkt man sowieso nicht", stellt Andy Müller klar. Vielleicht ist auch gerade das der Grund, dass es Seminare und Kurse für Burnout gefährdete Manager und Workaholics gibt, die sich im Wald so richtig erden können. Es ist ein idyllischer, meditativer Rückzugsort. Auch das Ambiente mit Feuerstelle und Holzsitzbänken ist gelungen und für kleine Bedürfnisse stehen Sanitäranlagen dort bereit.

I nteressierte können sich im Internet unter der Adresse www.bogenpark-Hohenkammer.de oder auf der Facebook-Seite "Bogenpark Hohenkammer" über den Parcours informieren. Bemerkenswert: Alle 30 Bewertungen haben fünf Sterne und die Besucher schwärmen von ihren tollen Erlebnissen im Wald.

© SZ vom 12.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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