Hallbergmoos:Offen und aufnahmebereit

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Etwa 80 Hallbergmooser kommen zu einer Informationsveranstaltung des Helferkreises Asyl, viele nehmen gleich ein Anmeldeformular mit - und sie wollen wissen, wie man die Flüchtlinge am besten unterstützen kann

Von Gerhard Wilhelm, Hallbergmoos

Martina Wilkowski hatte wohl mit vielem gerechnet, als sie plante, einen Helferkreis Asyl in der Gemeinde Hallbergmoos zu gründen. Nicht aber damit, dass der Seminarraum in der Nachbarschaftshilfe, deren Leiterin sie ist, sprichwörtlich platzen würde vor Interessenten, die sich erkundigen wollten, wie sie mitmachen können. Rund 80 Bürger waren zur Informationsveranstaltung gekommen, acht sagten spontan zu, acht weitere hatten zuvor schon ihre Mitarbeit signalisiert, aber fast alle hatten ein Anmeldeformular mitgenommen.

Rund 40 Asylbewerber leben derzeit verteilt in drei Häusern in Hallbergmoos. Dazu kommen weitere knapp 100 junge, unbegleitete Flüchtlinge in einem zum Hotel umgebauten Bürogebäude Am Söldnermoos. Flüchtlinge seien deshalb kein "brandaktuelles Thema", sagte Bürgermeister Harald Reents (CSU). Er sei stolz, dass die Hallbergmooser von Anfang an "offen, aufnahme- und hilfsbereit" auf die Flüchtlinge zugegangen seien. Es sei ihm deshalb nicht bange, wenn demnächst mehr Asylbewerber in der Gemeinde ankommen würden. Er bestätigte, dass es Gespräche mit dem Landratsamt gebe, auch in Hallbergmoos eine Traglufthalle für maximal 300 Flüchtlinge zu errichten. Alles andere seien Gerüchte, an denen er sich nicht beteiligen werde, weil sie einfach falsch seien. Noch sei nichts verbindlich, wenn es aber soweit sei, werde man die Öffentlichkeit sofort informieren, versprach Reents. "Es geht darum, dass es nicht nur den Flüchtlingen in der Situation gut geht, sondern auch der Gemeinde."

Das, so Wilkowski, sei auch Ziel der Informationsveranstaltung. Denn man wolle vorbereitet sein, bevor "es eng" werde. Dazu benötige man genügend Ehrenamtliche, die, koordiniert über die Nachbarschaftshilfe, helfen. Allerdings unter der Prämisse, dass sie selber bestimmen, wie viel Zeit sie für ihre Hilfe investieren möchten. Außerdem, dass diese Hilfe immer Hilfe zur Selbsthilfe sein müsse. "Wir nehmen die zu uns kommenden Menschen ernst, fordern aber auch ihre Selbständigkeit und Mithilfe ein."

Nachdem Irmgard Eichelmann vom Netzwerk Asyl am Landratsamt Freising die allgemeine Situation bei den Flüchtlingen im Landkreis geschildert und vorgestellt hatte, welche Hilfe am dringendsten sei - vor allem Deutschkurse - sowie mit einigen Gerüchten aufgeräumt hatte - es gibt keine kostenlosen Smartphones oder 700 Euro-Fahrrad-Gutscheine für Flüchtlinge-, waren die Bürger selber dran mit Fragen. Es kamen einige: Wie hilft man am besten? Wie kann man vermeiden, dass einzelne Flüchtlinge bevorzugt werden? Haben die Flüchtlinge ein Konto? Wie weit kommt man mit Englisch? Wie schaut die praktische Arbeit aus? Kochen sie selber?" Oder: Wie geht man mit Ängsten um? Doch keine einzige Meldung drückte eigene Ängste aus, sondern immer stand die Frage im Vordergrund: Wie kann man allem am besten begegnen.

Irmgard Eichelmann musste eher den Elan bremsen: "Die Flüchtlinge brauchen keinen, der sie bevormundet. Das sind erwachsene Leute." Neues für sie, wie beispielsweise der Ticketkauf für Bus oder Zug, sollte man ihnen einmal zeigen, maximal zweimal, dann müssten sie es selber machen. Auch ständige Fahrdienste seien unnötig. "Wer es geschafft hat, von Nigeria nach Deutschland zu kommen, schafft es auch zum Landratsamt." Wichtig sei, dass sie schnell Deutsch lernen. "Wichtig sind auch Aktionen, bei denen sie aus den Häusern kommen, Sport-, Freizeitaktivitäten" oder Hilfe bei Behördengängen, Formularen. Wichtig sei aber auch, dass alles nicht an der Koordinierungsstelle, der Nachbarschaftshilfe vorbei laufe, betonte Eichelmann. "Integration muss auf beiden Seiten funktionieren und beide Seiten müssen Verständnis haben." Die Ängste bestünden vor allem in der Angst vor dem Unbekannten, so Martina Wilkowski.

© SZ vom 02.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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