Organisationsdruck für Eltern:Die Kita bleibt zu

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Auch das Personal, das nicht gewerkschaftlich organisiert ist, will sich am Dienstag am Streik beteiligen. (Foto: dpa)

Die Kitas sind verwaist. Streikende Erzieherinnen und Sozialpädagogen stehen auf dem Freisinger Marienplatz und verleihen ihren Forderungen mit einer Kundgebung Nachdruck. Den Eltern bleibt nichts anderes übrig, als flexibel zu sein.

Von Katharina Aurich, Freising

Der Streik des Erzieherpersonals, der jetzt in die zweite Woche geht, wird von den meisten Eltern unterstützt. Nur die allerwenigsten Einrichtungen im Landkreis waren in der vergangenen Woche indes tatsächlich geschlossen.

Das wird an diesem Dienstag, 19. Mai, anders sein, wenn in Freising um 12.30 Uhr auf dem Marienplatz eine große Kundgebung stattfindet. An dem Demonstrationszug, der in der Luitpoldanlage startet, beteiligen sich zahlreiche Erzieherinnen, Kinderpflegerinnen und Sozialpädagogen aus der Stadt und dem Landkreis Freising.

Kein Lohn, doch aus Solidarität mit dabei

Viele Mitarbeiter der Kinderbetreuungseinrichtungen sind nicht gewerkschaftlich organisiert und erhalten im Streikfall keine Lohnfortzahlung. Sie müssen, wenn sie streiken, auf einen Teil ihres ohnehin schon mageren Lohn verzichten, Überstunden abbauen oder Urlaub nehmen, erläutert das eine Kindergartenleiterin, die nicht genannt werden möchte. Aus Solidarität mit den streikenden Kolleginnen haben die meisten Einrichtungen aber an diesem Dienstag geschlossen. Die Eltern stellt das vor Herausforderungen.

Für Bettina Stadler, die Teilzeit arbeitet und deren beide Kinder in die Krippe und in den Kindergarten gehen, ist der Streik kein Problem, da die rüstigen Großeltern kommen und die Kinder zu Hause versorgen. Deshalb überlässt sie den Platz in der Notgruppe, die in der Freisinger Kinderkrippe "Traumallee" eingerichtet wurde, denjenigen Eltern, die keine andere Möglichkeit haben, ihr Kind betreuen zu lassen. Die "Traumallee" wurde in der vergangenen Woche an allen Tagen bestreikt.

Kinder unter drei Jahren haben eine enge Bindung zur Erzieherin

Stadler ist sehr froh, dass ihr Jüngstes zu Hause betreut wird, denn für die Kleinsten im Alter zwischen einem und drei Jahren die Bindung zur Erzieherin sehr eng und die Umstellung in einer Notgruppe schwieriger als für Ältere. Florian Fischer aus Haag ist Vater von vier Kindern, die Jüngste besucht den Kindergarten. "Ich arbeite halbtags, oft im Spätdienst und mein Arbeitgeber hat Verständnis für die Situation", berichtet Fischer. Er werde während des Streiktags seine Arbeitszeit mit seiner Frau so koordinieren, dass immer jemand zu Hause sei. Auch die Großeltern, die in der Nähe wohnen, unterstützen das Paar.

Sabine Rachbauers Sohn geht in den Kindergarten "Sankt Klara" der am Dienstag bestreikt wird. "Ich gehöre zu den seltenen Exemplaren von Müttern, die zu Hause sind, denn ich habe noch eine kleine Tochter", erzählt sie. Sabine Rachbauer wird am Dienstag noch ein weiteres Kind bei sich aufnehmen, dessen Eltern arbeiten müssen.

Nachts arbeiten, um tagsüber die Kinder zu betreuen

Für Anna Matzat, die an der TU München studiert und deren Kinder in der Krippe und im Kindergarten betreut werden, bedeutet der Streik Nachtarbeit. "Wenn meine Kinderbetreuung fehlt, muss ich alles nachts machen und hinke hinterher", beschreibt die Mutter ihre Lebenssituation. Am Dienstag gibt es bei den "Isarhüpfern", wo ihre beiden Kinder betreut werden, nur eine Notgruppe, daher wird Anna Matzat zu Hause bleiben.

Sie ist neben ihrem Studium noch an zwei Tagen in einer Unternehmensberatung tätig, ausgerechnet dienstags, wie sie erzählt, aber sie habe das verschieben können. "Hilfreich wäre für uns Eltern jedoch, wenn wir ein paar Tage vorher wüssten, wann wo gestreikt wird", sagt Matzat. Trotzdem steht die junge Frau genauso wie auch Sabine Rachbauer und Florian Fischer hinter den Forderungen der Gewerkschaft: "Die Forderungen sind voll und ganz berechtigt".

Nicht alle Plätze in den Notgruppen werden benötigt

Im Kindergarten Neustift I wurde in der vergangenen Woche gestreikt und auch in dieser Woche ist das so. Die Erzieherinnen haben jedoch eine Notgruppe mit 35 Plätzen eingerichtet. Viele Eltern hätten die Möglichkeit, ihre Kinder von den Großeltern, einer Tante oder Freunden betreuen zu lassen, berichten die Mitarbeiterinnen, so dass gar nicht alle Plätze der Notgruppe belegt seien. In den Kindergärten "Lerchennest" und im "Sonnenschein" werde auch nur am Dienstag gestreikt, war aus den Einrichtungen zu erfahren.

Auch in Haag und Zolling, wo bisher nicht gestreikt wurde, bleiben das Kinderhaus und die "Kleinen Strolche" am Dienstag geschlossen. Obwohl nur wenige Mitarbeiterinnen gewerkschaftlich organisiert sind, wollen sie die Kollegen unterstützen und werden zur Demo nach Freising fahren. Auch der Kinderhort in Neufahrn bleibt zu.

© SZ vom 19.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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