Gespräch mit Ernest Lang:Neufahrn sucht Konzept für das Mesnerhaus

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Eigentlich war es eine Kapelle, später ein Schulhaus, und auch Muslime haben hier schon gebetet. Nach einem Brand wartet das Gebäude auf die Renovierung. Der Heimatverein sähe am liebsten ein Museum und Vereinshaus darin

Interview von Birgit Grundner, Neufahrn

Vor einem Jahr ist das alte Mesnerhaus an der Dietersheimer Straße durch ein Feuer schwer beschädigt worden. Die Brandursache ist bis heute unklar. Das Feuer bedeutete auch einen Rückschlag für die Pläne zur Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes aus dem 17. Jahrhundert. Seit Jahren steht es leer, für die künftige Nutzung gibt es mehrere Ideen. Mit eingebunden bei den Planungen ist auch der Heimat- und Geschichtsverein. Die Landkreis SZ sprach mit dem Vorsitzender, dem Journalisten und Historiker Ernest Lang.

SZ: Wenn Sie träumen dürften, wie sähe das Gebäude in einem Jahr aus?

Lang: Dann hat das Mesnerhaus ein neues Dach und die Renovierungsarbeiten sind voll im Gang oder außen schon fertig.

Und wie würde es später genutzt?

Wichtig war dem Heimatverein, dass es die Gemeinde nicht verkauft, sondern wieder mit Leben erfüllt. Das ist heute unbestritten - im Gegensatz zur Situation vor fünf Jahren. Es gibt mehrere Möglichkeiten: Ortsansässige Künstler haben Interesse, es könnte aber auch ein Haus der Vereine werden oder zur Heimstatt für die Ortsgeschichte. Der ehemalige Schulsaal im ersten Stock bietet sich als Multifunktionsraum an.

Welche besonderen archäologischen Funde oder historischen Dokumente hätte die Gemeinde denn?

In einem Depot in Freising lagern ein Schwert, eine Sichel und andere Funde aus den frühmittelalterlichen Reihengräbern am Lindenweg. Eine keltische Fibel aus der Hallstattzeit ist im Gymnasium, Münzen aus der Römerzeit befinden sich in Privatbesitz. Wie in den letzten 30 Jahren durch die Luftbild-Archäologie festgestellt wurde, war das Gfild, also auch Neufahrn, seit 4 000 Jahren durchgehend besiedelt. Als Wallfahrtsort war Neufahrn vom 16. bis 19. Jahrhundert weithin bekannt. Und schließlich gehören Kartoffelanbau, Eisenbahn, Industrialisierung und der Kampf gegen den Flughafen zur Ortsgeschichte.

Alteingesessene Neufahrner verbinden mit dem Mesnerhaus Erinnerungen...

Dass es ursprünglich eine Leonhardskapelle war und im 19. Jahrhundert Schulhaus für die Kinder aus Neufahrn, Eching, Dietersheim, Mintraching, Achering und Pulling, ist durch Urkunden belegt. Nach dem Krieg wurde es für einige Jahre wieder als Schulhaus reaktiviert. Ich erinnere mich, dass Ende der 1950-er Jahre im großen Schulsaal im ersten Stock ein bullernder Eisenofen stand. Denjenigen, die in seiner Nähe saßen, war es viel zu heiß, die am anderen Eck des Schulsaals froren trotzdem erbärmlich... Und dann war es für gut 20 Jahre der Gebetsraum und die erste Heimstatt des türkischen Arbeitervereins - auch das ist Ortsgeschichte.

Was ging Ihnen durch den Kopf, als sie von dem Brand erfahren haben?

Ich glaube bis heute nicht an einen technischen Defekt. Das Haus stand seit Jahren leer. Warum sollte es plötzlich brennen?

Warum beginnt die Sanierung nicht?

Das Haus gehört zum Ensemble des alten Dorfkerns. Eine enge Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege ist nicht nur wegen des Ortsbilds wichtig, sondern auch wegen der Zuschüsse.

Über welche "Töpfe" gibt es Geld?

Man muss versuchen, verschiedene Quellen anzuzapfen. Die Gemeinde hat schon einen Antrag auf Städtebauförderung gestellt. Weiter hat der Bezirksheimatpfleger bei einem Ortstermin mit dem Heimatverein zugesichert, dass er sich für einen Zuschuss stark machen wird. Ob es gelingt, aus dem Leader-Programm "Region Mittlere Isar" Geld zu bekommen, wird man sehen. Und dann haben wir in Neufahrn bei der Renovierung der alten Kirche gute Erfahrungen mit Spendenaktionen gemacht. Auch wenn's nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist: Ein paar Tausend Euro hat unser Verein ja schon sammeln können.

Wird das Gebäude einstweilen so verhüllt stehenbleiben oder kann man davon ausgehen, dass heuer noch sichtbar etwas vorwärtsgeht?

Da der Winter vor der Tür steht, wird heuer wohl sichtbar nicht mehr viel passieren. Aber die Zeit muss genutzt werden, um die Planung entscheidungsreif zu machen, damit man dann im nächsten Jahr loslegen kann. Soweit ich es sehe, ist die Gemeinde hier auf einem guten Weg.

© SZ vom 12.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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