Freisinger Stadtrat:Ansprüche einer Stimmenkönigin

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Die Wähler häufeln Eva Bönig nicht nur auf Platz eins der Grünen-Liste, sondern bescheren ihr das beste Ergebnis aller Kandidaten. Jetzt will sie Rudi Schwaiger das Amt des Zweiten Bürgermeisters streitig machen

Von Kerstin Vogel

Die frisch gewählten Freisinger Stadträte sind noch nicht amtlich bestätigt, da führen die neuen Mehrheitsverhältnisse schon zu Spekulationen über künftige Koalitionen und Absprachen. Tatsächlich hätten die beiden Wahlsieger, die Freisinger Mitte (elf Sitze) und die Grünen (neun), künftig zusammen mit Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher eine knappe Mehrheit in dem Gremium. Und die könnte den bisherigen Zweiten Bürgermeister, Rudi Schwaiger (CSU), seinen Posten kosten. Dritter Bürgermeister Benno Zierer (FW) hatte vor der Wahl erklärt, wegen seiner Verpflichtungen als Landtagsabgeordneter nicht mehr zur Verfügung zu stehen.

Zumindest Stadträtin Eva Bönig hat schon Anspruch auf ein Bürgermeister-Amt erhoben. Bönig, die 2012 von der SPD zu den Grünen gewechselt war, ist mit weit mehr als 9000 Stimmen nicht nur klar auf Platz 1 der Grünen-Liste vorgehäufelt worden. Es hat auch kein anderer Stadtrat so viele Stimmen auf sich vereint. Sie sei "persönlich sehr positiv überrascht", kommentierte Bönig ihr Wahlergebnis: "Das bestätigt, dass ich in den vergangenen 24 Jahren alles richtig gemacht habe." Gleichzeitig sehe sie den Zuspruch als "Wählerauftrag", sich als Bürgermeisterin zu bewerben.

Die mögliche blau-grüne Koalition könnte Bönig bei ihren Plänen behilflich sein, wie die Noch-Bürgermeister Schwaiger und Zierer sowie SPD-Fraktionschefin Heidi Kammler mutmaßen. Im Gegenzug könnten die Grünen helfen, Maria Lintl, eine der Wahlsiegerinnen innerhalb der FSM, ebenfalls zur Bürgermeisterin zu machen. Entsprechende Ambitionen hatte Lintl - damals selber noch bei der CSU - schon 2008 gehabt, war aber mit ihrer Kandidatur gegen Schwaiger gescheitert.

Auch Lintl macht aus ihren Wünschen keinen Hehl: "An meiner Intention hat sich nichts geändert", sagte sie am Montag, "Interesse ist vorhanden." Allerdings habe sie mit Fraktionssprecher Hans Hölzl vor der Wahl noch nicht über dieses Thema gesprochen. Lintl hatte sich mit Hölzl am Wahlabend ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert und am Ende nur knapp verloren. Man werde nun in der Fraktion über die Verteilung der Aufgaben sprechen, so Lintl, die das Ergebnis der Stadtratswahl im Übrigen mit dem Wort "phänomenal" zusammenfasst.

Während die einen schon über die Zukunft spekulieren, sind vor allem die großen Verlierer der Wahl noch vorrangig mit der Ursachenforschung beschäftigt. "Ich habe nicht gedacht, dass es so arg wird", sagte eine enttäuschte Heidi Kammler, deren SPD-Fraktion künftig nur noch vier statt der bisherigen sieben Stadträte stellen wird. Auf sechs Sitze habe sie gehofft. Aber sie habe schon beim Auszählen in Pulling festgestellt, dass die SPD einfach wieder einmal zu wenige Listenstimmen bekomme, so ihre erste Erklärung für das Debakel. Außerdem würden in Freising nur die Grünen als Startbahngegner wahrgenommen. Dabei wäre eine starke SPD so wichtig, um die Genossen in München bei der Stange zu halten, wenn es um den Bürgerentscheid gegen den Flughafenausbau gehe, so Kammler.

"Das war sicher nicht, was sich die CSU unter einem Neuanfang vorgestellt hat", gestand auch Schwaiger die Wahlschlappe ein. Die Gründe habe er noch nicht "durchanalysiert", deshalb könne er auch nicht sagen, ob es der CSU geschadet habe, das Thema Moosachöffnung mit dem angestrebten Bürgerentscheid so hoch zu hängen. Generell zu schaffen mache ihm die schwache Wahlbeteiligung (45,86 Prozent). "Offenbar gibt es in Freising keine wirklichen Betroffenheiten, vielleicht nicht einmal bei dem Startbahn-Thema", sagte Schwaiger. Er könne nicht akzeptieren, dass man mit dem ehrenamtlichen Engagement als Stadtrat nicht einmal die Hälfte der Bürger erreiche.

Was die Postenvergabe für die kommenden sechs Jahre angehe, so hoffe er nun auf "faire Absprachen". Zu befürchten stehe jedoch, "dass FSM und Grüne das nun unter sich aufteilen". Zwar würde er zur Verfügung stehen, so Schwaiger weiter: "Aber wenn ich die Mehrheiten richtig deute, bleibe ich nicht Bürgermeister".

Ob es politisch klug wäre, die Bürgermeister-Posten zwischen Grünen und FSM aufzuteilen, bezweifelt Benno Zierer zwar, auch er kann sich jedoch durchaus vorstellen, dass es so kommen wird. Die Gründe für das schlechte Abschneiden seiner Freien Wähler, die statt bisher acht nun nur noch über fünf Sitze verfügen, sucht er zum einen bei der Freisinger Mitte. Es gebe nun einmal nur eine bestimmte Anzahl von Bürgern, die außerhalb der Parteien wählen würden und da koste eine zweite freie Wählervereinigung natürlich schon Stimmen. Außerdem habe man in Heino Pause und Rita Schwaiger auf zwei Zugpferde verzichten müssen.

© SZ vom 18.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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