Freisinger Kreistag:Machtpoker nach der Stichwahl

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Wer wird der Stellvertreter des neuen Landrats Josef Hauner? Die Grünen melden mit Birgit Niefanger ihre Ansprüche an, doch auch Rainer Schneider von den Freien Wählern ist grundsätzlich nicht abgeneigt

Von Kerstin Vogel

Nur ein Test: Falsche Balken auf dem Smartphone. (Foto: Marco Einfeldt)

Interessante Verhandlungen sind zwischen den Fraktionen des neuen Kreistags zu erwarten. Es gilt, den Posten des stellvertretenden Landrats zu besetzen - und da gibt es durchaus Interessen, die über den Tag hinausreichen.

Zum einen sind da die Grünen, die mit ihren starken Wahlergebnissen im Rücken nun selbstbewusst das Amt des Stellvertreters an der Spitze des Kreistags fordern. Eine Stellvertreterin, um genau zu sein, denn auch wenn die Fraktion noch nicht entschieden hat, dürfte an ihrer Landratskandidatin Birgit Mooser-Niefanger kein Weg vorbeiführen. "Das Ergebnis der Wahlen sollte sich in der Entscheidung für den stellvertretenden Landrat abbilden", bestätigt diese: "Wir haben einen ziemlich klaren Wählerauftrag." Mooser-Niefanger selbst hatte bei der Landratswahl im ersten Anlauf die Stadt Freising und die Gemeinde Marzling gewonnen und sich am Ende mit 23,24 Prozent nur knapp Rainer Schneider von den Freien Wählern geschlagen geben müssen. In den Kreistag wurde sie mit beachtlichen 23 689 Stimmen befördert - und sie zur Stellvertreterin zu wählen, wäre wohl auch als Signal an die Startbahngegner im Landkreis zu verstehen.

Doch die Grünen leiten ihre neuen Machtansprüche nicht nur aus der Landratswahl ab, sondern werten den Ausgang der Kommunalwahl insgesamt als Auftrag. "Die Menschen trauen uns eine Menge zu", sagte Kreisvorsitzende Claudia Bosse am Donnerstag bei der Kreisversammlung. Allerdings hat es im Kreistag nicht ganz gereicht, um hinter der CSU wenigstens zweitstärkste Fraktion zu werden. Diesen Status mit je 14 Sitzen teilen sich die Grünen mit den Freien Wählern - und auch die leiten aus dem Wahlergebnis Ansprüche ab, unter anderem, weil sie insgesamt mehr Stimmen bekommen haben als die Grünen. Zusammen mit den 22 Kreisräten der CSU und der des künftigen CSU-Landrats Josef Hauner könnten auch die Freien Wähler eine knappe Mehrheit für einen eigenen Bewerber zustande bringen.

Ihr in der Stichwahl gescheiterter Kandidat Schneider jedenfalls "würde nicht ablehnen, wenn man mir das anträgt". Doch auch bei den Freien Wählern sind die Weichen für die nächsten sechs Jahre noch nicht gestellt, wie Schneider betont - und zumindest er könnte sich eine Variante vorstellen, die er schon im Wahlkampf thematisiert hatte: Der Kreistag kann bis zu drei Stellvertreter des Landrats berufen. Damit würde man nicht nur der Vielzahl an Terminen künftig besser gerecht werden, sondern auch den sich abzeichnenden Auseinandersetzungen entgehen. Schneider: "Man muss in Gesprächen sehen, ob man hier einen gemeinsamen Weg findet."

Birgit Mooser-Niefanger könnte sich mit einer Lösung mit zwei gleichberechtigten Stellvertretern durchaus anfreunden. "Das hätte viel für sich", so ihre Einschätzung, "dann müsste von Anfang an auf Kooperation statt auf Hierarchie gesetzt werden" - und genau daran täte die Politik ihrer Ansicht nach auch gut, angesichts der katastrophal niedrigen Wahlbeteiligung.

"Überlegenswert und vielleicht sogar sinnvoll" nennt auch der designierte Landrat Hauner die Überlegungen, eine Doppelspitze zu installieren, schon wegen der Fülle an Terminen. Auch er würde eine Lösung auf breiter Basis begrüßen: "Wir sollten nicht gleich wieder mit Mini-Mehrheiten aufeinander losgehen." Berührungsängste mit den Grünen habe er jedenfalls nicht, versichert der künftige Landrat. Dass die Wahl von Mooser-Niefanger als Signal an die Startbahngegner zu sehen wäre, sei "sicher auch eine Überlegung", bestätigt Hauner: "Ein Entscheidungskriterium ist das für mich aber nicht. Ich muss meine Ablehnung dieses Projektes jetzt nicht bei jeder Gelegenheit kundtun."

Bleibt die Frage, wie sich die CSU als stärkste Fraktion im Kreistag am Ende positioniert. Dass sie selbst einen Kandidaten durchbringt, gilt als unwahrscheinlich, weil bereits der neue Landrat ein Christsozialer ist. Zu den Gepflogenheiten der Kommunalpolitik zählt, dass der Stellvertreter dann von einer anderen Gruppierung kommt. Doch natürlich kann dieses Amt auch dazu dienen, einen Kandidaten für die Wahlen in sechs Jahren aufzubauen. Schneider hat da zwar schon abgewunken, weil er nach eigener Einschätzung dann zu alt wäre - und auch Mooser-Niefanger will sich zur Frage einer erneuten Kandidatur noch nicht festlegen. Die CSU aber hätte in den kommenden sechs Jahren neben Hauner, der nur eine Amtszeit absolvieren kann, gar niemanden in der ersten Reihe.

© SZ vom 05.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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