Freising:Weg vom Minutentakt

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Pflegekräften soll nicht vorgeschrieben werden, wie viel Zeit sie für das Kämmen eines Patienten benötigen, fordert Erich Irlstorfer, Bundestagsabgeordneter und Mitglied des Gesundheitsausschusses, während seines Jahresgesprächs

Von Petra Schnirch, Freising

Es sind vorrangig die Gesundheitsthemen, mit denen sich Erich Irlstorfer in Berlin befasst. In der Pflege seien in den vergangenen Monaten einige Verbesserungen auf den Weg gebracht worden, bilanzierte der CSU-Bundestagsabgeordnete beim Jahresgespräch im Hotel Dorint. Davon profitierten natürlich auch die Menschen im Landkreis. Gleiches gelte für die Impfkampagne, die vor wenigen Tagen offiziell in der Heiliggeist-Stiftung in Freising gestartet worden ist.

Auch für einen besseren Impfschutz macht sich Irlstorfer stark. Gemeinsam mit zwei weiteren Abgeordneten habe er im Herbst ein Positionspapier vorgelegt. Anfangs sei die Resonanz gering gewesen, räumte er ein. Als dann aber ein Kleinkind an Masern gestorben sei, habe sich das schlagartig geändert. Mittlerweile seien 60 Prozent der Vorschläge umgesetzt. Er sei aber gegen eine Impfpflicht, betonte Irlstorfer, sondern setze auf Aufklärung. Gerade bei Jugendlichen und Erwachsenen gebe es aber Lücken, etwa beim Schutz vor Masern. Das Thema sei angesichts des Masern-Ausbruchs in Berlin "aktuell wie nie". 340 Betroffene seien dort bisher stationär behandelt worden. Seit Oktober seien 1348 Fälle von Masern registriert worden.

In der Pflege seien die Leistungen Anfang dieses Jahres ausgedehnt worden, ein zweites Gesetz sei in Arbeit. Vor allem Menschen mit Demenz oder psychischen Erkrankungen sollen besser gestellt werden. Ein Dorn im Auge sei ihm auch die "Minutenpflege", sagte Irlstorfer. Pflegekräften wird dabei genau vorgegeben, wie viel Zeit ihnen für Leistungen wie Kämmen oder Essen bleibt. "Ich habe selbst gesehen, dass das nicht darstellbar ist." Werfe der Betreute ein Glas um, sei der Zeitrahmen nicht mehr zu halten. Wichtiger sei es, darauf zu achten, was eine Person selbst noch leisten könne. Deshalb müssten auch im Alter Rehabilitationen bezahlt werden. Dies widerspreche sonst dem Prinzip der Teilhabe-Gerechtigkeit.

Ändern müssen sich laut Irlstorfer auch die Arbeitsbedingungen. In Gesprächen mit Beschäftigten, auch in den Freisinger Seniorenheimen, gehe es immer darum, dass es zu wenig Personal gebe und dass die Dokumentation zu aufwendig sei. Ziel sei, diese zu vereinfachen, sagte Irlstorfer, etwa durch die Arbeit mit Tablet-PCs. Auch sollten erfahrene Mitarbeiter, die keine körperlich belastenden Arbeiten mehr übernehmen könnten, nicht zu einem Berufswechsel genötigt werden. Sie könnten in der Weiterbildung eingesetzt werden. Denn mit der geplanten generalisierten, also gemeinsamen, Ausbildung in den Pflegeberufen werde es großen Bedarf geben.

Auch zu Griechenland sagte Irlstorfer ein paar Sätze: Als er wegen des dritten Hilfspakets nach Berlin flog, sei er sicher gewesen, dass er mit Nein stimmen werde. Dass er doch Ja sagte, liege daran, dass es zunächst darum gehe, weiter zu verhandeln. Dies wolle er nicht Matteo Renzi oder François Hollande überlassen. "Ich möchte nicht, dass die Sozialisten ein neues Europa bilden." Und er wolle nicht, dass Europa zerfalle. Deshalb müssten alle Verhandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden. Wie er votieren wird, wenn das Hilfspaket fertig geschnürt ist, wisse er noch nicht.

© SZ vom 06.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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