Freising:Platzverweis für Panini

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Viele Schulen verbieten die Sammelkarten ganz einfach. Die Mittelschule in Lerchenfeld bietet stattdessen einen Tauschtag an

Von Christian Gschwendtner, Freising

Die Fußball-Europameisterschaft steht vor der Tür und halb Deutschland debattiert über den richtigen Umgang mit der Fußball-Bildchensammelwut seiner Schüler. Der Landkreis ist da keine Ausnahme. Auch hierzulande ringt man um die Patentlösung - wobei die von Schule zu Schule unterschiedlich ausfallen kann. So sind die Panini-Bildchen an der Freisinger Grundschule St. Lantbert etwa kategorisch verboten. Man wolle den Kommerz nicht unterstützen, sagt Schuleiter Peter Neurohr. Mitunter aus Rücksichtnahme gegenüber Eltern, die nicht über die entsprechenden Ressourcen verfügen, die Sammlerleidenschaft ihrer Kinder unbegrenzt finanziell zu unterstützen.

Eine Packung Panini-Bildchen kostet in diesem EM-Jahr 70 Cent. Wer ein ganzes Sammelalbum voll bekommen möchte, braucht also ein üppig bemessenes Taschengeld. Doch der Geld-Faktor ist nicht das einzige Argument für den Panini-Schulverweis in St. Lantbert. "Früher gab es immer sehr viel Unruhe, die Kinder haben sich gestritten, angeblich sind immer mal wieder Bildchen gestohlen worden", berichtet Neurohr. Damit sollte Schluss sein. Im vergangenen November hat die Lehrerkonferenz das generelle Sammelbildchen-Verbot in St. Lantbert erneut bekräftigt. Neurohrs Philosophie lautet: In dem Moment, in dem die Kinder in der Schule nicht tauschen dürfen, wird aus der Panini-Folklore auch kein Gruppenzwang.

An der Mittelschule in Lerchenfeld hat man sich entschieden, einen anderen Weg zu gehen. Jeden Freitag ist dort "Spieletag". Die Schüler dürfen die Panini-Bildchen dann auf dem Pausenhof tauschen. Laut Schuldirektor Hubert Ettinger hat sich dabei ein Hau-den-Lukas-ähnliches-Ritual entwickelt: Vier bis fünf Schüler sitzen im Kreis, in der Mitte liegt ein Stapel Panini-Bildchen, jeder muss etwas dazu beisteuern. Dann wird reihum mit der flachen Hand auf den Stapel gehauen. Die gedruckten Fußballspieler-Köpfe wirbeln durch die Luft. Jedes Bildchen, das mit der Fotoseite nach oben zum Liegen kommt, geht an den jeweiligen Panini-Schläger. Nach Einschätzung von Hubert Ettinger verläuft die große Pause am Freitag seither um einiges geruhsamer als an anderen Schultagen. Eine kurze Drohung mit dem Spielverbot reiche aus, sofort haben sich alle wieder lieb. Von einem generellen Verbot hält Schuldirektor Ettinger nichts: "Dann tauschen sie außerhalb". Während des Unterrichts möchte aber auch er definitiv keine Panini-Bildchen sehen. Er würde sie ansonsten konfiszieren.

An Moosburgs Theresia-Gerhardinger Grundschule folgt man mehr dem Beispiel von St. Lantbert. "Von 8 Uhr bis 13 Uhr geht nichts", sagt Leiterin Juliane Dorfmüller. Nur während der Mittagsbetreuung oder im Hort dürfe getauscht werden. Kostenlose Panini-Alben zu verteilen, wie das an einigen bayerischen Schulen offenbar geschehen ist, käme Dorfmüller überhaupt nicht in den Sinn. An solchen Marketing-Maßnahmen nehme man bestimmt nicht teil, sagt die Direktorin. Angeblich soll der Panini-Verlag über einen Dienstleister einige Schulen mit Gratisexemplaren ausgestattet haben.

Wie zum Beispiel an der Paul-Gerhardt-Grund- und Mittelschule Freising, wie die BR-Sendung "Quer" am vergangenen Donnerstag berichtete. Von der Schulleitung war bis Redaktionsschluss dazu aber keine Stellungnahme gekommen.

Kaufen müssen sich die Kinder die Sammelbildchen jedoch in jeden Fall selber. Nach Erfahrung des Freisinger Kiosk Göbel tun sie das bisher aber noch verhalten. In der Regel beginne die große EM-Sammeleuphorie aber nach dem Eröffnungsspiel. Die Kiosk-Verkäuferin schätzt, dass bisher rund 250 Bildchen in ihrem Laden über die Theke gewandert sind. Die Meisten davon früh morgens vor Schulbeginn.

© SZ vom 07.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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