Freising:Der Flüchtling als Bufdi

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Auch Asylbewerber mit Bleibeperspektive können nun Bundesfreiwilligendienst leisten. Bei der Lebenshilfe oder im Bereich der Altenpflege wären sie willkommen. Einigermaßen gute Deutschkenntnisse sind jedoch Bedingung

Von Gudrun Regelein, Freising

Im Bundesfreiwilligendienst (BFD) werden 10 000 neue Stellen "mit Flüchtlingsbezug" als Reaktion auf die ständig wachsende Zahl an Asylbewerbern geschaffen. 50 Millionen Euro werden dafür zusätzlich aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung gestellt. Seit Dezember können Menschen, die helfen wollen, nun auch als Bufdi Flüchtlinge betreuen und begleiten. Aber auch Asylbewerber mit Bleibeperspektive haben nun die Möglichkeit, im BFD tätig zu werden. Diese können einen bis zu vierwöchiger Sprachkurs besuchen. Im Landkreis Freising stoßen die Pläne bei den möglichen Einsatzstellen zwar grundsätzlich auf Zustimmung, allerdings wird bezweifelt, dass sie sich so einfach umsetzen lassen.

Auch im Bereich der Altenpflege ist der Einsatz der Bufdis durchaus erwünscht und sinnvoll. (Foto: Patrick Pleul/dpa)

Die Idee sei gut - aber wie und ob Asylberechtigte und Asylbewerber tatsächlich auch im Landkreis als Bufdi eingesetzt werden könnten, müsse noch geklärt werden, sagt Eva Dörpinghaus, Pressesprecherin im Landratsamt. Dass der Bund 10 000 neue Plätze beim Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug besetzen wolle, sei im Sozialamt in Freising bekannt. Anfang 2016 wolle man das Thema auf die Agenda setzen. "Ob die Flüchtlinge aber auch tatsächlich Interesse an einer Bufdi-Stelle haben, bleibt abzuwarten" , sagt Dörpinghaus. Sowohl für Asylberechtigte - also für Flüchtlinge, deren Verfahren bereits abgeschlossen ist - als auch für Asylbewerber mit Bleibeperspektive - das sind derzeit Menschen aus Syrien und Afghanistan -könnten am BFD teilnehmen. Laut Dörpinghaus hat sich in diesem Jahr im Landkreis die Zahl der abgeschlossenen Verfahren im Vergleich zu 2014 mehr als verdoppelt: Damals erhielten 49 Menschen die Anerkennung, 2015 waren es bereits 105.

Auch Albert Söhl, Kreisgeschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuz (BRK), hält die neuen Stellen eigentlich für eine gute Sache, aber: "Die Plätze sind - zumindest beim BRK - schon lange vergeben." Die Kontingente seien übererfüllt, bis Juni gebe es einen Aufnahmestopp. "Wir in Freising zumindest profitieren von der Finanzierung der neuen Plätze nicht", sagt Söhl. Obwohl das BRK mit der Kleiderkammer, in der auch viele Flüchtlinge gegen einen geringen Betrag Bekleidung kaufen, eigentlich eine prädestinierte Stelle habe. Derzeit müssten Ehren- aber auch Hauptamtliche diese Arbeit, wie das Aussortieren und Ordnen der Kleidung, übernehmen. Grundsätzlich aber würden bei ihm die Bufdi-Stellen nur sehr wenig nachgefragt. "Das läuft schleppend."

Thomas Winter, Leiter der offenen Behindertenarbeit bei der Lebenshilfe, könnte es sich durchaus vorstellen, einen Flüchtling als Bufdi einzusetzen. Die Suche nach den Freiwilligen gestalte sich nicht leicht, erzählt er. Derzeit arbeiten zwei bei ihm mit, eigentlich könnte er aber drei beschäftigen. Grundvoraussetzung wäre allerdings, dass der Bufdi die deutsche Sprache gut beherrsche, das sei im Umgang mit behinderten Menschen wichtig, betont Winter. Die Freiwilligen werden zwar als Allrounder eingesetzt, häufig aber im Fahrdienst oder um die behinderten Menschen zu Veranstaltungen zu begleiten - weitere Voraussetzung wäre deshalb ein Führerschein. Für Heidi Kammler, Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt Freising, wäre es durchaus denkbar, im sozialen Bereich - gerade in der Altenpflege - Flüchtlinge als Bufdis einsetzen. "Das wäre bei dem Mangel an Pflegekräften eine große Chance." Ob es in der Realität dann aber funktioniere, sei eine andere Frage: "Die deutsche Sprache müsste zumindest so beherrscht werden, dass eine Kommunikation mit den alten Menschen möglich ist", sagt Kammler. Langfristig gedacht sei es aber sicher hilfreich, wenn es Pflegekräfte gebe, die viele Sprachen beherrschen. In der Tagespflege der AWO habe man derzeit eine Polin, die als Bufdi tätig ist, erzählt Kammler. Eine Patientin, eine alte Dame aus Polen, die nach einem Schlaganfall nur noch ihre Muttersprache spreche, könne sich nun zumindest ab und an wieder unterhalten - "und blüht bei jedem Gespräch auf."

© SZ vom 28.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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