Ein Dorf zwischen Tradition und Moderne:Menschen im Alltag

'Alltagsmenschen' bevölkern Mosbach

Die Alltagsmenschen von Christel Lechner, aufgenommen in Mosbach (Baden-Württemberg).

(Foto: Christine Cornelius/dpa)

Hallbergmooser Gemeinderat beschließt auf Vorschlag von Kulturchef Benjamin Henn, Betonfiguren der Künstlerin Christel Lechner im Ort aufzustellen. Diese wirken wie Passanten beim Herumstehen oder Spazierengehen

Von Alexandra Vettori, Hallbergmoos

Ein Dorf zwischen Tradition und Moderne, die Formulierung mag abgedroschen sein, beschreibt Hallbergmoos aber treffend. Zu Geld gekommen durch flughafenaffines Gewerbe, mäandert man zwischen traditionellen Denkweisen und neuen Zielen. Einen Fußballrasen für 100 0000 Euro anzuschaffen, kein Problem, doch 45 000 Euro für Kunst im öffentlichen Raum - da erhebt sich Protest.

So war es auch jüngst bei der Gemeinderatssitzung, als Kulturchef Benjamin Henn eine Idee vorstellte: Er schlug vor, einige Figuren der Wittener Künstlerin Christel Lechner zu mieten und anzukaufen, sofern sich unter den Hallbergmooser Firmen Sponsoren finden, um die Hälfte der Kosten von 45 000 Euro für das Kunstprojekt zu übernehmen. Die lebensgroßen Skulpturen aus Beton stehen bereits in mehreren deutschen Städten. Dort sorgten die "Alltagsmenschen" für Heiterkeit und Gesprächsstoff, wie Henn ausführte.

Die Figuren gibt es in allen Variationen: Sie stehen und sitzen herum, wirken wie Passanten, haben einen Dackel dabei oder eine Luftmatratze, so sie in Brunnen angebracht werden. Auch in Hallbergmoos könnte sich das gut machen, so Henn. Als mögliche Standorte schlug er den Goldachpark, den Rathausplatz, den Sport- und Freizeitpark und den Munich Airport Business Park vor. "Das ist mal was anderes, und in Bayern steht meines Wissens bisher noch keine solche Figur", so Henn.

Auch die Kulturbeauftragte des Gemeinderats, Sabina Brosch von den Grünen, war begeistert: "Ich finde die Figuren super", sagte sie. Der Preis sei nicht unerheblich, aber, so Brosch, "ich sehe das ganz klar als eine Imagesache". Auch der Wirtschaftsreferent und CSU-Gemeinderat Marcus Mey war angetan: "Kunst ist immer ein Zuschussgeschäft." Er erinnerte an den vorher gehenden Tagesordnungspunkt, als der Gemeinderat einen Rasen für das Fußballstadion für 100 000 Euro abnickte.

Eine Ausstellung der "Alltagsmenschen" dauert drei Monate. In der Zeit stellt Christel Lechner bis zu 20 Betonfiguren auf, die auf einem Konzept der jeweiligen Gemeinde basieren und eine Geschichte erzählen. Pro Figur wird eine Leihgebühr von 9000 Euro für drei Monate verlangt, zusätzlich Transport- und Lieferkosten. Auch gibt es eine Kaufoption, die Figuren kommen auf 6000 bis 9000 Euro das Stück. Fünf Figuren schlug Henn zum Kauf vor, der Preis beliefe sich auf knapp 35 000 Euro. Beim Kauf wird alles mit der Leihgebühr verrechnet, insgesamt käme man für die Aktion dann auf rund 45 000 Euro.

Allerdings erhob sich einige Kritik im Gemeinderat. Der parteilose Karl-Heinz Zenker etwa verwies darauf, dass es sich nicht um eine heimische Künstlerin handele, außerdem missfiel ihm, dass die Skulpturen aus Beton sind. "Davon haben wir in Hallbergmoos schon genug", so Zenker. Auch Bernhard Neumüller von den Freien Wählern meinte: "Schön langsam geht es uns hier zu gut!" Eine fünfstellige Summe für Betonfiguren auszugeben, die nur drei Monate stünden, sei nun doch zu viel. Letztendlich setzten sich diesmal aber die kunstaffinen Kräfte durch, eine Mehrheit von 15 Räten überstimmte vier Gegner. Voraussichtlich von Juli bis September werden die Alltagsmenschen jetzt in Hallbergmoos stehen und in den Kultursommer integriert.

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