Virtuelle Bürgerbeteiligung:Immer freundlich bleiben

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Echings Bürgermeister Sebastian Thaler startet via Facebook eine Petition gegen meterhohe Sichtschutzzäune im Straßenbild.

Von Alexandra Vettori, Eching

Echings Bürgermeister Sebastian Thaler lässt nicht locker in seinem gerade erst aufgenommenen Kampf gegen Gabionen- und andere Wände, die das Straßenbild der Gemeinde seiner Ansicht nach langsam in das einer Festung verwandeln. Immer öfter kommen Wünsche nach meterhohen Sichtschutzzäunen. Damit dem ein Riegel vorgeschoben werden kann, hat Thaler jetzt sogar auf Facebook eine Petition gestartet, bei der die Bürger unterschreiben sollen, für "eine freundliche offene Ortsgestaltung ohne hohe Mauern."

Diese Form der Bürgerbeteiligung wählte Thaler, obwohl er diesmal mit seinem Vorstoß im Gemeinderat, eine Einfriedungssatzung für den Ort einzuführen und damit Mauern zu verhindern, noch gar nicht an der üblichen Mehrheit von CSU und Freien Bürgern gescheitert ist, welche die Projekte des jungen parteilosen Bürgermeisters sonst gerne ausbremst. Nur drei Gegenstimmen hat es von den beiden Gruppierungen jüngst im Bauausschuss gegeben, die Mehrheit aber stimmte mit Thaler zumindest für den ersten Schritt zu einer Satzung, die meterhohe Zäune und Wände an Gärten ausschließen würde. Beschlossen wurde, in einer der nächsten Sitzungen einen Entwurf vorzulegen und zu diskutieren.

Auf Nachfrage der SZ sagte Sebastian Thaler, es handele sich weniger um eine Petition als um eine Befragung. "Mir ist wichtig zu sehen, in welche Richtung die Meinungen der Bürger gehen. Sehen sie eine weitere Satzung eher als weitere Einschränkung oder wünschen sie sich auch eine freundlichere Ortsgestaltung?"

Tatsächlich sind Wände bis zwei Meter Höhe an Grundstücksgrenzen nach der Bayerischen Bauordnung verfahrensfrei zulässig, wo kein anderslautender Bebauungsplan gilt. Das bedeutet, der Eigentümer stellt einen Antrag beim Landratsamt, das den in der Regel genehmigt. Wo es andere Regelungen gibt, wie im aktuellen Fall des Mehrfamilienhauses in Eching mit seinem bereits genehmigten Freiflächenplan, von dem ein Wohnungsbesitzer jetzt mit einer Mauer abweichen wollte, diskutiert und entscheidet der Gemeinderat. Und das, kritisierte Thaler, nicht immer nach einer strikten Linie.

Politik mit Meinungsumfragen wolle er nicht machen, betonte der Bürgermeister. "Selbstverständlich ist das Votum nicht bindend, die Entscheidung trifft der Gemeinderat", sagte er. Ihm gehe es um die Richtung, da sei ein Meinungsbild der Bevölkerung von Vorteil. Außerdem möchte er, dass die Frage ein Thema für die Menschen wird. Er wage nicht, das Ergebnis vorher zu sagen. Auch nicht, wie viele sich beteiligen. Derzeit seien es gerade mal 50, auch wenn einige Echinger sogar schon persönlich im Rathaus waren, um zu unterschreiben. Seiner Meinung nach müsste eine Satzung auch Kategorien aufweisen. Dort, wo, wie in der Paul-Käsmeier-Straße 12 000 Fahrzeuge am Tag vorbei donnerten, habe er volles Verständnis für den Wunsch nach einer Steinmauer, in ruhigeren Straßen sei das etwas anderes.

CSU-Gemeinderat Georg Bartl, der sich jüngst im Bauausschuss kritisch zu einer Satzung geäußert hatte, erfuhr von Thalers Petition erst von der SZ. "Er kann machen was er will, das zählt ja nicht", so sein Kommentar. Bartl bezweifelte aber, dass "der Facebook-Mensch der Hauseigentümer in den älteren Vierteln von Eching ist", den Bereichen, wo es noch keine Bebauungspläne gibt, die die Wand-Frage ohnehin regeln. Wie er zu Thalers Vorstoß als Gemeinderat stehe, beantwortete Bartl diplomatisch: "Ob so eine Petition jetzt eine Stimmungsumfrage ist oder Stimmungsmache, das kann man unterschiedlich interpretieren."

© SZ vom 29.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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