Demo in Berglern:"Zwei Startbahnen reichen!"

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Beim eindrucksvollen Sternmarsch gegen den Flughafenausbau werden Botschaften nach München gesendet

Wolfgang Schmidt

Es war eine beeindruckende Front, die sich da über die Brücke walzte, die die Ortsteile Niederlern und Berglern miteinander verbindet. Kurze Zeit später bekam die Menschenmenge Zuwachs von denen, die sich am Sportplatz getroffen hatten. Ihnen entgegen marschierten Demonstranten aus Glaslern und von der Eittinger Straße. Das Bild wurde bestimmt von den gelben T-Shirts der Berglerner und den schwarzgelben von "Aufgemuckt" - die Botschaft darauf war die selbe: Nein zur dritten Start- und Landebahn. Am Kirchplatz endete der Sternmarsch - von 1200 Demonstranten sprachen die Veranstalter, die Polizei von rund 1000. Die Straßen waren abgeriegelt, es fuhr kein Auto mehr. Nur eines war wie immer: Die Düsenjets flogen im Minutentakt über den Berglerner Kirchturm hinweg.

Der Münchner Bürgerentscheid am kommenden Sonntag war unter den Demonstranten das beherrschende Thema. Immer wieder war die Frage zu hören, warum die Münchner über das Schicksal der Berglerner abstimmen dürften. Und noch etwas wurde deutlich: Das Fiasko in Berlin stärkt den Optimismus der Startbahngegner. Wenn das Projekt dritte Startbahn schief gehe, so wurde geunkt, könnte auch das Stündlein des Münchner Flughafenmanagers schlagen. Schließlich habe sich "der Kerkloh ja weit aus dem Fenster gelehnt".

Die Berglerner waren nicht allein auf die Straße gegangen. Unterstützung erfuhren sie aus Attaching, das von einer dritten Startbahn noch härter getroffen würde. Aus Buch am Erlbach war eine Delegation erschienen, aber auch aus Dachau und selbst aus Petershausen und Pfaffenhofen waren Menschen angereist. Und zwei schwarzgekleidete Männer trugen die Kulturstadt Freising in einem Sarg zu Grabe. Zu lesen war auf den Transparenten unter anderem "Die dritte Startbahn vergewaltigt Mensch und Natur" und "Zweite Röhre statt dritter Startbahn" oder: "Wie die Lufthansa spielt, so tanzen die Pfeifen - wir nicht". Die Einsatzkräfte der Polizei konnten dem friedlichen Szenario mit vor der Brust verschränkten Armen beiwohnen.

Bei der Abschlusskundgebung sprach Berglerns Bürgermeister Herbert Knur von einem jahrelangen "Betrug", der schon unter dem ehemaligen Wirtschafts- und Verkehrsminister Otto Wiesheu begonnen habe. Mit falschen Aussagen haben man die Flughafenanrainer immer wieder einlullen wollen. "Und weil wir uns beschissen fühlen, glauben wir den Politikern und Flughafenbetreibern immer weniger", wurde Knur deutlich. Von den versprochenen und nicht verwirklichten Infrastrukturmaßnahmen auf der Straße und auf der Schiene wolle er gar nicht erst reden. Lauter Beifall brandete auf, als er den Demonstranten zurief: "Zwei Startbahnen reichen!" Das sei anhand von Fakten oft genug nachgewiesen worden. Und: "Wir wehren uns dagegen, dass wir in der Flughafenregion zu "einem Versuchslabor mit lebenden Objekten degradiert werden".

Die Münchner bat Knur, zur Abstimmung zu gehen, und sich nicht "von den Stimmenfängern aus dem Moos ins Bockshorn jagen zu lassen". Sie sollten schon aus Eigennutz gegen den "Wahnsinn einer dritten Start- und Landebahn" stimmen. Denn mit dem ersparten Geld könne die Landeshauptstadt Kindergärten und Krippen in einer Größenordnung von 88 Millionen Euro bauen. Als weiterer Redner rief Karlheinz Reingruber von "Aufgemuckt" den Münchnern zu: "Schaut auf diese Region - die Grenzen des Erträglichen sind überschritten!"

Voll den Nerv der Anwesenden traf die Musikgruppe "Herzbluat". Als die Band über das ganz besondere Vogelschutzgebiet am Flughafen singt, "wo die Geldgeier und ihre Brut hausen", stimmen auf dem Kirchplatz viele mit ein.

© SZ vom 11.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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