Archäologie:Spurensuche in Freisings Vergangenheit

Lesezeit: 2 min

Ein Kapitel im archäologischen Jahrbuch widmet sich einem modebewussten Domherrn und Ausgrabungen im Landkreis

Von Peter Becker, Freising

Modischen Geschmack hat er offenkundig gehabt, der Freisinger Domherr Christian Konrad Graf von Königsfeld zu Zaitzkofen. Gestorben ist er 1713, seine Gruft befindet sich im Heiliggeistspital. Unter den Überresten waren auch Schuhe, die nach der aktuellsten Mode zu Beginn des 18. Jahrhunderts geformt waren. Wer sich für die näheren Umstände der Grabstätte sowie des Schuhwerks interessiert, der kann dies in dem Band "Das archäologische Jahr in Bayern 2015" nachlesen, den Sebastian Sommer vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und Bernd Päffgen von der Gesellschaft für Archäologie in Bayern während eines Pressegesprächs vorstellten. Beide Institutionen geben das Jahrbuch seit 1981 heraus. Zusätzlich ist ein Registerband erschienen, der einen Überblick über die bisherigen Veröffentlichungen verschafft.

Das Jahrbuch bietet Lesestoff für den interessierten Laien und für die Fachwelt, "es ist einem breiten Publikum zugänglich", sagte Landrat Josef Hauner (CSU). Inklusive des Beitrags zum Freisinger Domherrn gibt es 40 Einträge zu Ausgrabungen im Landkreis Freising seit 1980. Triebfeder ist die Neugier um das Wissen, wie sich der Landkreis Freising im Lauf der Jahrtausende zu dem entwickelt hat, was er heute ist. "Woher kommen wir?", formulierte Hauner diese Frage. Dabei genüge es nicht, historische Quellen zu erforschen. Diese lägen aus Zeiten vor den Römern gar nicht vor, ergänzte Sommer. Um die Vorgeschichte zu ergründen, müsse man tiefer bis in die schriftlosen Zeiten eintauchen, sagte Hauner. Es gelte, die materiellen Hinterlassenschaften aus diesen Epochen aufzuspüren. Diese könnten nur durch die Methoden der Archäologie aufgedeckt werden. Was den Landkreis Freising angeht, haben sich dort schon vor über 7300 Jahren Menschen niedergelassen, die der ältesten Bauernkultur in Mitteleuropa, der Linearkeramik, angehörten.

Hauner, Sommer und Päffgen würdigten auch die Verdienste des verstorbenen Erwin Neumair seit den Siebzigerjahren. Vieles, was der Archäologische Verein unter seiner Leitung ausgegraben hat, ist bis heute noch nicht inventarisiert und wissenschaftlich ausgewertet. Kreisarchäologin Delia Hurka ist derzeit am Landratsamt damit beschäftigt. Etwa 1500 Kisten stammen ihren Angaben zufolge aus dem Nachlass Neumairs.

Seit dem Jahr 2013 befinden sie sich im Besitz des Landkreises, sind sachgerecht gelagert und warten darauf, wissenschaftlich ausgewertet zu werden. "Der Landkreis ist noch längst nicht erforscht." Der Landkreis verstehe sich nicht nur als wirtschaftlicher, sondern auch als Kulturlandkreis, sagte Hauner. Deshalb ist er im vergangenen Jahr der Gesellschaft für Archäologie beigetreten.

In dem Jahrbuch sind viele Bodendenkmäler aufgelistet. Es handele sich um keine Geheimwissenschaft, wenn man diese aufspürt, sagte Sommer. Auch habe die archäologische Arbeit wenig mit dem Indiana-Jones-Mythos und der Jagd nach Schätzen zu tun. Der Leiter der Abteilung Praktische Bodenpflege am Amt für Denkmalschutz sagte, er befinde sich bei Ausgrabungen in einem Zwiespalt. Denn eigentlich sei es besser, die Bodendenkmäler so im Erdreich zu belassen, wie sie sind. Das ist jedoch nicht immer möglich.

So müssen die Archäologen graben, Fundstücke sichern und dokumentieren. Dann wird die Grube wieder zugeschüttet und überbaut. "Das ist eigentlich eine Art von Niederlage", gestand Sebastian Sommer. Manchmal gelinge es aber, einen Bauherrn davon zu überzeugen, zum Beispiel für eine Garage nicht ganz so tief zu graben. Dann bleibe das Bodendenkmal unversehrt.

"Es gibt tatsächlich noch Landkreise, welche die Archäologie als Fortschrittshemmer betrachten", stellte Päffgen fest. Dem sei aber nicht so. Den knapp 200 Seiten umfassenden Jahresband bezeichnete er als "Erfolgsmodell", das mittlerweile von vielen Bundesländern kopiert worden sei. "Es trägt zur Akzeptanz der Archäologie bei."

© SZ vom 19.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: