Antikriegstag in Stalag-Gedenkstätte:Zu wenig gelernt aus der Vergangenheit

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Guido Hoyer und Wolfgang Veiglhuber zeigen sich in Oberreit wenig zuversichtlich, dass es auf der Welt künftig friedlicher wird

Von Karlheinz Jessensky, Moosburg

Am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg mit dem Über-fall Deutschlands auf Polen. Gern ist in diesem Zusammenhang von "Nazi-Deutschland" die Rede, doch "Heil Hitler" haben damals wohl mehr oder weniger alle geschrien. Und schon 1914, als der Erste Weltkrieg ausbrach, gab es nationalistische Vorstellungen über eine deutsche Hegemonie. Und heutzutage ist der Rechtsradikalismus ein tagespolitisches Thema. "Nie wieder Krieg" und die Forderung nach einem sofortigen NPD-Verbot waren daher der Grundtenor der Veranstaltung des DGB in Oberreit.

Jedes Jahr gehört die Gedenkstätte vor den Toren Moosburgs am 1. September dem DGB und Organisationen wie der "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" (VVN-BDA). Oberreit wurde auch "Russenfriedhof" genannt, weil dort während des Zweiten Weltkriegs die Leichen russischer Kriegsgefangener aus dem Lager Stalag VII A verscharrt wurden. Hauptredner in diesem Jahr war Wolfgang Veiglhuber vom DGB-Bildungswerk Bayern. Leider technisch gestört von einer nicht mehr funktionierenden Lautsprecheranlage, geriet der Vortrag eher zu einem Seminar als zu einer Kampfrede gegen Krieg und Vernichtung auf aller Welt - und mit dem ernüchternden Fazit, dass sich im Grund nichts geändert hat seit dem Jahr 1945.

DGB-Kreisvorsitzender Guido Hoyer meinte in seiner Begrüßung der rund 30 Teilnehmer, der Antikriegstag bedeute zum einen ein Erinnern an die Opfer von Krieg und Faschismus, zum anderen aber auch den unbedingten Auftrag, aus der Vergangenheit zu lernen. Die deutsche Niederlage vor Stalingrad nannte Hoyer die "Voraussetzung für ein demokratisches Deutschland". Allzu groß aber sind auch seine Erwartungen nicht, dass Reden tatsächlich Taten folgen werden. Die Waffenexporte Deutschlands, auch an Saudi-Arabien und die Türkei, seien ein Negativ-Beispiel. Die Bundesregierung halte die Zusammenarbeit mit der Türkei für notwendig für deren demokratische Entwicklung, "Waffenexporte also als eine Art von Entwicklungshilfe". Dabei müsse die Forderung sein: "Nirgendwo darf Krieg durch unsere Mitschuld begonnen oder gefördert werden."

Veiglhuber verwendete großen Raum dafür, die Weltordnungsvorstellungen Adolf Hitlers zu erläutern. Deutschland in einer "trostlosen Situation" müsse demnach Weltmacht oder dürfe gar nicht sein. Der Untergang 1945 zeigte die Realität auf. Pessimistisch endete Veiglhubers Rede: Kriege würden immer im Frieden vorbereitet. Und die Konkurrenz der Nationen und der Reichtum der Welt seien "kriegsträchtig". Heutzutage sei von "vitalen Interessen" die Rede und das Prinzip, den anderen auszunützen, die Regel. Deshalb müssten gerade die Gewerkschaften den Blick der Menschen dafür schärfen, "was die Nationen so treiben auf der Welt". In letzter Konsequenz heiße das Eintreten für den Frieden auch der Kampf für eine neue Weltordnung.

© SZ vom 03.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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