Amtsgericht Freising:Bauer sucht Frau

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Das Ende war wenig romantisch: Ein Landwirt hielt eine Discobekanntschaft für die Frau seines Lebens. Seit 2004 stellte er der Hallbergmooserin nach, nun ist er am Amtsgericht Freising verurteilt worden.

Kerstin Vogel

"Leider hat diese Frau ihre Bekanntschaft gemacht, das war wirklich ihr Pech": Richter Jakob Wanderer machte am Mittwoch im Amtsgericht keinen Hehl daraus, dass er das Verhalten des Angeklagten in den vergangenen sechs Jahren für nicht akzeptabel hielt. Dem 40-jährigen Landwirt aus dem Landkreis Landshut war vorgeworfen worden, einer heute 36-jährigen Discobekanntschaft aus Hallbergmoos seit 2004 nachgestellt und sie in mindestens zwei Fällen zu Gesprächen genötigt zu haben.

Die Hallbergmooserin hatte im Juni 2004 in einer Diskothek in Moosburg einen Kaffee getrunken, als der Angeklagte ein Gespräch begann. Die Frau, die am Mittwoch als Zeugin aussagte, räumte ein, dass sie sich nach anfänglichem Zögern mit dem Landwirt unterhalten habe. Er sei recht sympathisch gewesen, weshalb sie ihm ihre Telefonnummern gegeben habe. Anschließend habe man sich noch einige Male getroffen. Sie habe aber von Anfang an deutlich gemacht, dass sie nicht an einer Beziehung mit ihm interessiert sei: "Ich war nicht verliebt und wollte auch ansonsten keine Freundschaft."

Das allerdings wollte der Angeklagte sechs Jahre lang nicht zur Kenntnis nehmen: Für ihn war seine neue Bekanntschaft die Frau seines Lebens, die er heiraten wollte: Er rief ständig ihre Festnetznummer an, bis zu zwölf Mal an einem Tag, suchte immer wieder das Gespräch.

Zehn- bis zwölfmal lauerte er der Angebeteten am Hallbergmooser S-Bahnhof auf, wenn sie abends von der Arbeit aus München kam, wie sie dem Gericht schilderte. Mehrfach habe er sie am Wegfahren gehindert, indem er sich in die geöffnete Fahrertür gestellt und diese festgehalten habe.

In der Diskothek habe er sich ständig dicht neben sie gestellt. Als "Liebesbeweis" habe er ihr die Belege seiner Telefonverbindungen gezeigt, damit sie sehen könne, wie viel Mühe er sich für sie gebe; außerdem habe er seinen Autoanhänger mit einem Kennzeichen zugelassen, das ihrem Nummernschild glich.

Für die 36-Jährige lief das Fass über, als der Landwirt im August 2009 plötzlich bei ihr vor der Haustür stand. Da habe sie es mit der Angst zu tun bekommen, sagte die Hallbergmooserin. Sie rief die Polizei, erwirkte eine einstweilige Verfügung und stellte schließlich Strafantrag. Verurteilt wurde der Landwirt nun wegen zwei Fällen von Nötigung, die er zugegeben hat, zu einer Geldstrafe von 1350 Euro. Im einen Fall hatte er sein Opfer 2005 am S-Bahnhof nicht wegfahren lassen; im anderen hatte er die Frau wenige Wochen vor seinem "Hausbesuch" vor der Sporthalle in Hallbergmoos ebenfalls abgepasst und aufgehalten.

Obwohl Wanderer keine Zweifel an den Aussagen der Zeugin hatte, mussten die anderen Nachstellungen und Vorfälle ungeahndet bleiben: Nachstellung ist erst seit Mitte 2007 überhaupt strafbar, wie Staatsanwalt Clemens Albert ausführte - und sie muss sehr viel massivere Einschränkungen für das Leben der oder des Betroffenen nach sich ziehen als im Fall der Hallbergmooserin.

Dass sie es schwer hatte, die Avancen des Angeklagten zurückzuweisen, stand für Wanderer nach der Verhandlung aber fest. Nachdem der 40-Jährige dem Richter mehrfach ins Wort gefallen war, ihn geduzt hatte und zum Schluss noch einen Fluch ausstieß, verdonnerte ihn Wanderer zu einem Ordnungsgeld von 250 Euro: "Dieses Verhalten offenbart ihren wirklichen Charakter: Sie sind völlig unbelehrbar."

© SZ vom 04.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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