Alle an einem Tisch:Zwanglose Gespräche

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Im "Café Eine Welt" treffen sich Flüchtlinge und Einheimische

Von Birgit Grundner, Neufahrn

Hosanna ist definitiv die jüngste Besucherin im "Café Eine Welt": 14 Tage alt ist das kleine Mädchen. Die Mutter stammt aus Eritrea und weiß seit kurzem, dass sie in Deutschland bleiben darf. Die Familie aus Syrien am Nachbartisch kam erst vor einem halben Jahr nach Neufahrn. Die Eltern und die drei kleinen Kinder wohnen zusammen mit Flüchtlingen aus Eritrea, Somalia und dem Irak in einem Haus im Neufahrner Süden. Die kleine Tochter, die noch in den Kindergarten geht, hat sich besonders hübsch gemacht für den Ausflug in die Alte Halle. Stolz hüpft sie mit ihren Zöpfen und einer Kette aus großen Perlen durch den Saal. Das Café in der Alten Halle bringt alle an einen Tisch - im wahrsten Sinne. Es gibt Kaffee und Kuchen und die Chance, zwanglos ins Gespräch zu kommen.

Mohammad aus Afghanistan trägt Jeans und T-Shirt - ist aber an diesem Nachmittag auch so etwas wie ein Filmstar: Er hat bei dem Fußballturnier mitgemacht, das vor einigen Wochen in Eching stattfand. Tom Dischner, der in Neufahrn lebt und die Akademie Deutsche Pop besucht, und Josef Bornhorst vom Unterstützerkreis haben jeweils einen Film über das Event gemacht. Als Fußballer sei er leider nicht zu gebrauchen, erzählt Tom Dischner, 21, schmunzelnd. Aber er habe auch etwas zu der Veranstaltung beitragen wollen und sei deshalb mit der Kamera nach Eching gefahren. Es soll nicht sein letztes Filmprojekt über Flüchtlingsarbeit in Neufahrn gewesen sein - das nächste ist dem Vernehmen nach schon im Entstehen.

100 Flüchtlinge leben aktuell in Neufahrn. Weitere 300 könnten am Keltenweg in der Traglufthalle untergebracht werden, die aber seit Monaten leer steht. In der Warteschleife sind damit auch viele Ehrenamtliche, die helfen wollen. Andere, die schon länger dabei sind, kämpfen mit den immer gleichen Problemen: So müssen zum Beispiel immer wieder Briefe von Behörden erklärt und Anträge für das Jobcenter ausgefüllt werden. "Ohne Hilfe läuft nix", sagt Brigitte Wieners vom Unterstützerkreis. Aber die Unterstützung der vergangenen Monate und Jahre zeigt auch Erfolg: Ob Besuche beim Arzt oder eine Angelegenheit im Rathaus - "vieles schaffen die Leute inzwischen alleine".

Manche Flüchtlinge leben inzwischen seit mehr als zwei Jahren in Neufahrn und wissen noch immer nicht, wie es für sie weitergeht. Andere dürfen definitiv bleiben, finden aber keine Unterkunft. "Wir suchen dringend Wohnungen", betont Brigitte Wieners.

Aber es gibt auch Erfolge: Ein junger Mann lebt inzwischen auf einem Bauernhof in Mintraching, hilft dort bei der Arbeit mit und macht eine Ausbildung als Kfz-Mechatroniker. Und ein Neufahrner Kfz-Betrieb bietet einen Praktikumsplatz an, aus dem, wie es heißt, auch eine Lehrstelle werden könnte. Das nächste "Café Eine Welt" findet am Samstag, 22. Oktober, um 15 Uhr in der Alten Halle statt.

© SZ vom 06.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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