Flüchtlinge:Visionen für München

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Die Mitglieder der Bellevue-Initiative wollen in ein Willkommenszentrum für Flüchtlinge schaffen. Mit einer Genossenschaft soll Geld gesammelt werden. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Initiative Bellevue di Monaco gründet eine Genossenschaft

Von Bernd Kastner

Die Nägel für dieses einzigartige Projekt sind schon eingeschlagen, und nun haben diese Nägel auch Köpfe. Die Initiative "Bellevue di Monaco" hat sich, ganz formal, als Sozialgenossenschaft gegründet, und einen illustren Aufsichtsrat samt Vorstand gebildet. Bellevue will in den Häusern Müllerstraße 2 bis 6 ein Willkommenszentrum für junge Flüchtlinge schaffen. An der Spitze steht nun als Aufsichtsratschef Johannes Seiser, der Geschäftsführer des Vereins für Sozialarbeit, sowie der Kulturmanager Till Hofmann als Vorstandschef. Im September soll es losgehen, wenn der Stadtrat so entscheidet, wie die Bellevue-Macher es sich wünschen.

Angefangen, sagt Christian Ganzer, angefangen haben sie "als Hochstapler". Er ist einer der Aktivisten von "Goldgrund", die seit ein paar Jahren Münchens Immobilienszene verwirren. Begonnen haben sie mit der satirischen Werbung für ein Luxusobjekt in Schwabing, ein Luftschloss, das ihnen aber mancher abgekauft hat. Später blamierten sie das Rathaus, in dem sie, verborgen unter Gorillamasken, auf den enormen städtischen Leerstand hingewiesen haben. Zum Beispiel in der Müllerstraße. Und als die Islamfeinde von Pegida sichtbar wurden, hat eine Gruppe um Goldgrund zweimal viele tausend Münchner auf die Straße gebracht - für Solidarität mit den Geflohenen.

So klein Goldgrund ist, so wirkungsvoll ist die Truppe, zu der neben Ganzer der Kulturmanager Till Hofmann und der SZ-Redakteur Alex Rühle gehören. "Man müsste", beschreibt Rühle die Goldgrund-Gedanken zur Asylpolitik, "man müsste es mal grundlegend anders machen, zumindest symbolisch." Die Unterbringung von Flüchtlingen: Nicht am Rand der Stadt, sondern mitten drin. Also "Bellevue di Monaco", gleich neben dem Viktualienmarkt.

Vor dem Abbruch haben sie die Häuser in der Müllerstraße schon bewahrt, der Stadtrat hat seinen Abrissbeschluss kassiert. Bald wird die Stadt das Anwesen ausschreiben, und ja, es gibt ein "Restrisiko", wie Hofmann sagt: Dass ein anderer den Zuschlag bekommt. Nach den positiven Signalen aus dem Rathaus wäre das aber eine große Überraschung. Mit 1,7 Millionen Euro Sanierungskosten rechnet Bellevue und hofft auf Zuschüsse der Stadt, auch für mehrere Mitarbeiter, die Betreuung und Betrieb organisieren sollen. Ein Info-Café für Asylsuchende etwa, Koordination der erwarteten ehrenamtlichen Helfer, und Kulturevents. Auch der künftige Kammerspiel-Intendant Matthias Lilienthal ist unter den Initiatoren. Nun sucht Bellevue nach Unterstützern in Form von Mitgliedern, die eine Mindesteinlage von 500 Euro zeichnen müssen. Die Genossenschaft will als Grundkapital eine Million einsammeln, auch als Zeichen ans Rathaus, sagt Hofmann: "Wir verlangen nicht alles von der Stadt." Infos unter www.bellevuedimonaco.de.

© SZ vom 25.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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