Finanzpolitik:Die Schuldenfrage im Rathaus

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Oberbürgermeister Dieter Reiter (rechts) und der zweite Bürgermeister Josef Schmid. (Foto: lukasbarth.com)

Die Stadt soll fast die Hälfte ihrer Kredite tilgen - mit diesem Vorstoß überrascht die CSU ihren Bündnispartner SPD. Der reagiert gereizt.

Von Dominik Hutter

Im schwarz-roten Rathausbündnis ist ein Streit über die künftige Finanzpolitik der Stadt ausgebrochen. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) reagierte am Mittwoch gereizt und mit harschen Worten auf einen Vorstoß der CSU, die städtischen Schulden deutlich schneller als geplant zurückzuzahlen: Angesichts der zahlreichen Investitionen, die der Bündnispartner den Münchnern seit Monaten verspreche, handle es sich um die "Quadratur des Kreises".

Es sei überraschend, dass ein solcher Antrag ausgerechnet von der CSU komme. "Ich erwarte mir dann aber auch Vorschläge von der CSU, auf welche Projekte aus ihrer Sicht verzichtet werden kann", ätzte Reiter. Es sei unredlich, einerseits kostspielige Versprechungen zu machen und andererseits Schulden tilgen zu wollen. SPD-Finanzsprecher Hans Dieter Kaplan warf dem Bündnispartner vor, noch immer im Wahlkampfmodus zu agieren. München werde vielmehr in einigen Jahren neue Schulden machen müssen.

Die CSU hat am Mittwoch beantragt, innerhalb von zwei Jahren mindestens 400 Millionen Euro Schulden abzubauen, um Reserven für das milliardenschwere Investitionsprogramm des schwarz-roten Bündnisses zu haben. "Wir haben ein Investitionsproblem", klagte CSU-Finanzsprecher Michael Kuffer. Von 2018/2019 an müsse der Etat für Investitionen von aktuell 350 Millionen Euro auf etwa 800 bis 900 Millionen pro Jahr angehoben werden, vor allem für den Bau und die Sanierung von Schulen. "Und damit sind überwiegend nur die Versäumnisse der Vergangenheit getilgt", sagte Kuffer. Hinzukämen die geplanten neuen Tramstrecken, U-Bahn-Röhren und Straßentunnels.

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Die CSU wirft dem bis vor einem Jahr regierenden rot-grünen Rathausbündnis vor, sowohl die Münchner Schulen als auch den Ausbau des Nahverkehrs jahrelang vernachlässigt zu haben. Um finanziellen Spielraum zu haben, müsse nun die gute Haushaltssituation genutzt werden, um möglichst viele Schulden zurückzuzahlen. Nicht alle, das weiß auch Kuffer: "Das würde uns überfordern." München hat aktuell noch knapp 900 Millionen Euro Schulden. Im laufenden Jahr plant Kämmerer Ernst Wolowicz keine weitere Tilgung. Die Stadt hat aber zwischen 2005 und 2014 bereits mehr als 2,5 Milliarden Euro zurückgezahlt.

SPD-Stadtrat Kaplan hält eine übereilte Tilgung derzeit nicht für sinnvoll - wegen der dann fälligen Strafzinsen entstehe keinerlei Spareffekt. "Das muss man ganz nüchtern durchkalkulieren." Zudem lege die Kämmerei bereits Geld für die anstehenden Investitionen auf die Seite. Aktuell vorhandene Reserven will die SPD in ein 250 Millionen Euro teures Sonderprogramm für den sozialen Wohnungsbau stecken. Nach Kaplans Schätzung reicht es, wenn der Investitionsetat künftig auf etwa 700 Millionen Euro pro Jahr aufgestockt wird. Den Vorwurf, es gebe einen Rückstau bei den Investitionen, weist der SPD-Politiker energisch zurück: "Das ärgert mich." Die Stadt habe kontinuierlich die Infrastruktur verbessert.

Unstrittig ist, dass auf die Kämmerei in den kommenden Jahren immense Kosten zukommen. Allein die bereits beschlossene Schulbauoffensive soll bis 2030 rund 4,5 Milliarden Euro kosten. Die U-Bahn nach Pasing kostet gut 500 Millionen, die geplante Innenstadtlinie U 9 dürfte locker die Milliardengrenze knacken. Ebenfalls im Milliardenbereich liegen die Kosten für drei neue Tunnels am Mittleren Ring, die allerdings noch nicht beschlossen sind. Die Sanierung des Gasteigs kostet eine halbe Milliarde, dazu kommen der Neubau des Volkstheaters sowie die Sanierung der Olympiaanlagen. Ohne neue Schulden, so Kaplan, sei dies wohl nicht zu bewältigen.

© SZ vom 23.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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