Feiern verbindet:Funken im Bierzelt

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SZ-Leser erzählen ihre Liebesgeschichten vom Oktoberfest. Manche Wiesn-Ehe hält schon mehr als 50 Jahre

Protokolle von Jana Stegemann

Geflirtet wird auf dem Oktoberfest viel, und manchmal wird daraus auch die große Liebe. Die SZ hat ihre Leser nach romantischen Wiesn-Geschichten gefragt. Eine Auswahl:

Sarah, 23 Jahre: "Mein Ex und ich hatten unser erstes richtiges Date auf der Wiesn - und sind dort auch prompt am gleichen Abend zusammengekommen: Er hat mir höchstpersönlich meine Schürze auf der rechten Seite zugebunden, und das, obwohl ich ihm im Zelt noch entrüstet einen Kuss verwehrt hatte. Ein schöner Abend voller Zuckerwatte, Bier und Küsse. Romantisch wie die Münchner zur Wiesn sind, hat er mich prompt von der Festwiese bis zum Sendlinger Tor getragen, weil meine Füße so schmerzten. Drei Jahre später haben wir uns getrennt: am Tag des Anstichs, auf der Wiesn - an dem Platz, an dem wir zusammengekommen sind. Vergangene Woche habe ich übrigens meinen Ex mit seiner Neuen getroffen. Auf der Wiesn, und genau in dem Festzelt, in dem wir unser erstes Date hatten."

Axel Krüger und seine Frau sahen sich das erste Mal im Paulaner-Festzelt, mittlerweile haben sie zwei erwachsene Töchter. (Foto: privat)

Axel Krüger, 52 Jahre: "Natürlich habe ich meine Ehefrau auf der Wiesn kennengelernt - wo denn sonst? Vor 30 Jahren im Biergarten vor dem Paulaner-Festzelt. Ich war 22 Jahre alt und mit meinem Spezl Stefan unterwegs, direkt gegenüber von uns saßen zwei fesche Madln, die sich eine Mass teilten. Wir haben sie zu einer weiteren eingeladen, am nächsten Tag und dem darauffolgenden haben wir uns wieder auf dem Oktoberfest getroffen. Auch nach der Wiesn sind wir in Kontakt geblieben. Wir haben mittlerweile zwei erwachsene Töchter und zur Wiesn gehen wir immer noch gerne - wenn auch nicht mehr ganz so oft."

Manfred und Maria Riermeier haben sich 1965 im Bierzelt kennengelernt. (Foto: privat)

Iris und Tobias: "Schottenhamel Festzelt, erster Wiesnsonntag, 22. September 2002, Mittelschiff, gegen 17 Uhr. Dieses Datum und dieser Ort markieren den Anfang unserer bis heute andauernden Liebesgeschichte. Ein Freund wurde vorgeschickt, um meine Telefonnummer zu erfragen. Und obwohl ich sonst grundsätzlich nur Fantasienummern hergebe, habe ich dieses eine Mal die echte herausgerückt. Schicksal? Vorahnung? Nach dem ersten feuchtfröhlichen Kennenlernen haben wir uns noch einmal nüchtern auf der Wiesn verabredet. Beinahe wäre ich aus Angst vor der eigenen Courage nicht hingegangen. Aber: Wir fanden uns immer noch sympathisch! 15 Jahre später gehen wir als Familie immer noch gerne auf die Wiesn. Dieser Ort ist für uns nicht nur ein Ort zum Feiern; wir haben dort den Grundstein für unser gemeinsames Leben gelegt. Danke an dich, liebe Wiesn!"

Manfred und Maria Riermeier: "Im letzten Jahrtausend, 1965, war es allgemein üblich, eine "Vorhut" zwecks Platzreservierung schon am Nachmittag für die erst nach Büroschluss eintreffenden Kollegen auf die Festwiese zu schicken. Es war genügend Platz am Tisch in der Ochsenbraterei, um zwei vorbeilaufende Mädchen zu einem Flirt einzuladen. Wie sich bald herausstellte, waren es Schülerinnen der elften Klasse des Hans-Carossa-Gymnasiums aus Landshut. Eine Klassenfahrt zur Internationalen Verkehrsausstellung hatte sie nach München geführt. Ein Abstecher auf das Oktoberfest war nicht erlaubt, aber - zum Glück - die beiden hielten sich nicht daran! Eine von ihnen gefiel mir besonders gut. Ich wollte sie wiedersehen und bat sie um ihre Anschrift. Wegen ihrer Jugend, der Schule, der Entfernung von München nach Landshut und des strengen Vaters gab sie mir eine falsche Adresse. Ihrer Freundin verdankte ich die richtige. Über deren elterlichen Briefkasten nahm die Geschichte einen glücklichen Verlauf. Wir heirateten 1970."

Wolfgang Dubral, 82 Jahre: "Wie zu jener Zeit üblich luden Münchner Firmen ihre Mitarbeiter auf die Wiesn ein. So auch die Firma Ytong, die ihren Mitarbeitern am 23. September 1976 im Hofbräuzelt ein halbes Hendl und zwei Mass Bier spendierte. Plötzlich stand diese sehr attraktive Geschäftsfrau aus Teheran vor mir - und ich wusste sofort, dass sie die Frau meines Lebens ist. Ich merkte bald, dass das Bierzeltambiente nicht ganz Noras Vorstellungen von Festlichkeit entsprach, sie war ja das erste Mal überhaupt in München. Nach zwei Tagen musste Nora die Stadt wieder verlassen. Zwei Monate später kam sie zurück, um ihren Vater zu besuchen, der hier in einem Krankenhaus behandelt wurde. So hatten wir auch Zeit, uns etwas näher kennenzulernen. Silvester feierten wir privat mit Freunden am Starnberger See, um Mitternacht, als die Sektkorken knallten und ringsherum die Kirchenglocken läuteten, fragte ich sie, ob sie meine Frau werden wolle. Nach unserer Trauung in Teheran feierten wir 1977 unsere Hochzeit in Noras Elternhaus. Da Nora ein Modegeschäft in Teheran hatte, suchte ich mir dort eine Arbeit, nach den Aufständen zogen wir nach Bayern zurück, wo wir noch immer wohnen. Jedes Jahr besuchen wir das Oktoberfest und schauen im Hofbräuzelt vorbei, wo unser Märchen begann."

Theo und Erika, 79 und 77 Jahre: "Es war am letzten Wiesn-Wochenende 1955, am Freitag im Garten des Hofbräuzelts. Das Wetter war unfreundlich, wir jungen Burschen saßen auf feuchten Bierbänken. Dann kamen zwei junge Mädchen vorbei, Schwestern, 15 und 16 Jahre alt, im Schottenrock und roten Anorak. Sie nahmen unsere Einladung auf einen Schluck Bier an, sie waren der Obhut ihres Vaters für kurze Zeit entschlüpft. Ich habe die Hand der einen nicht mehr losgelassen, ich habe geahnt: Die ist es. Geld hatten wir nicht viel, für eine Fahrt im Autoscooter und mit der Zugspitzbahn hat es gerade noch gereicht. Da haben wir uns zum ersten Mal geküsst. Die Stunde war schnell um, sie mussten zum Vater zurück. Wir haben noch ein Treffen für den nächsten Montag vereinbart, an der Post am Goetheplatz. 1962 haben wir geheiratet, zwei Jahre später kam unser Sohn auf die Welt. Wir sind 55 Jahre verheiratet und, kann das sein, immer noch glücklich miteinander. Meine Frau ist der größte Glücksfall in meinem Leben."

© SZ vom 02.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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