Es begab sich ...:Güldener Pflegefall

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Foto: Stephan Rumpf (Foto: N/A)

Kuratorin Antonia Voit und die Geschichte vom "Friedensengel"

Von Stefan Mühleisen

"Und der Engel des

Herrn trat zu ihnen ..."

Es ist der Frühsommer 1981, als sich die schlimmsten Befürchtungen bestätigen. Mitarbeiter des Baureferates stellen "einen Riss in der Schienbeinaußenhaut mit Symptomen der Rostsprengung sowie andere Schäden im Bereich der Flügel" fest. So erinnert ein Aufsatz an die Restaurierung des zweitberühmtesten Engels Münchens.

Platz eins gebührt Aloisius, der stets im Hofbräuhaus zu sitzen pflegt und dessentwegen die bayerische Staatsregierung auf die göttlichen Ratschläge warten muss. Dicht auf den Fersen ist ihm aber der Friedensengel - jene goldene Statue, die auf einer 23 Meter hohen Korinthersäule an der Prinzregentenstraße gen Innenstadt schaut. Doch 1981 stand es nicht gut um die Figur. "Es bestand die Gefahr, dass der Engel von der Säule stürzt", sagt Antonia Voit (Foto: Stephan Rumpf), Kuratorin im Stadtmuseum.

Die Anlage mit dem Säulentempel wurde 1896 zum 25. Jahrestag des Friedensschlusses nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 errichtet. Die vergoldete Statue ist eine Nachbildung der von Paionios geschaffenen Nike, der antiken Siegesgöttin - in der rechten Hand ein Ölzweig, Symbol des Friedens; in der linken das Standbild der Göttin Pallas Athene, Schutzgottheit einer Stadt. Anfangs sollte das Denkmal als "Friedensgenius" gelten, doch es wurde zum "Friedensengel".

Wind und Wetter setzten dem sechs Meter hohen und 2,5 Tonnen schweren Bronzeguss-Wesen ziemlich zu: die Flügel rissig, das Stahlrohr im linken Standbein, das dem Engel die Bodenhaftung gibt, ist am 17. Juli 1981 völlig verrostet, als die Feuerwehr anrückt. Mit Schweißgerät wird die Statue in zwei, später in zehn Teile zerlegt - und länger als zwei Jahre restauriert. Dabei zeigt sich, dass die Figur neue Flügel braucht, dazu ein linkes Bein mit 1000 Kilo Blei im Fußteil sowie einen frischen goldenen Überzug. Die Kosten betrugen 750 000 D-Mark, wie Antonia Voit weiß. Sie und ihre Kollegen dürften froh sein um die Frischzellenkur für den Friedensengel. Denn seitdem hängen die originalen Flügel im zweiten Stock der Ausstellung "Typisch München" im Stadtmuseum; das ausrangierte Engelsbein fand seinen Platz im Erdgeschoss.

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© SZ vom 10.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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