Ermittlungen gegen Vermieter:Gefahr im Verzug

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Ein Vermieter eines Altbaus am Münchner Hauptbahnhof lässt Kamine demontieren - und bringt die Bewohner so in Lebensgefahr, sagt der Kaminkehrer. Nun wird gegen den Mann ermittelt. Die Stadt will ein Bußgeld verhängen.

Von Bernd Kastner

Die Sanierungsmethoden im Anwesen Augustenstraße 4 in München rufen die Polizei auf den Plan. Die Kripo ermittelt gegen den Vermieter wegen des Anfangsverdachts auf Baugefährdung, Nötigung und fahrlässige Körperverletzung, wie ein Sprecher bestätigte. Zugleich hat die Stadt München ein Bußgeld für den Vermieter angekündigt. Christian S., Geschäftsführer der Eigentümerfirma, hat im November zwei Kamine in dem Altbau beim Hauptbahnhof demontieren lassen.

An diese waren mehrere gasbetriebene Warmwassergeräte angeschlossen. Der von den Mietern alarmierte Kaminkehrer ließ sofort die Gaszufuhr sperren, weil die Bewohner in Lebensgefahr gewesen seien. Vor zehn Jahren war in der Isarvorstadt eine Mieterin wegen eines demontierten Kamins ums Leben gekommen. S. bestreitet eine Gefährdung: "Es ist ein Verdacht, der sich leicht entkräften lässt", sagte er am Montag. Die Kamine seien "ordnungsgemäß stillgelegt" worden, so seine Anwältin. Zudem beabsichtige S. nicht, Bewohner hinauszuekeln.

Rüde Sanierungsmethoden
:Mieter in Lebensgefahr gebracht

Mit rabiaten Methoden soll ein Vermieter versucht haben, ein Haus in München leer zu bekommen: Er ließ zwei Kamine demontieren, an denen gasbetriebene Warmwasseranlagen hingen.

Von Bernd Kastner

Nach einem Bericht in der Süddeutschen Zeitung kurz vor Weihnachten begann zunächst die Staatsanwaltschaft, die mögliche strafrechtliche Relevanz des Abbruchs zu prüfen. Wenig später ließ der Vorsitzende des Bezirksausschusses (BA) Maxvorstadt, Oskar Holl (SPD), Strafanzeige gegen den Vermieter stellen. Auch BA-Mitglied Werner Stadler (SPD) ist empört: Es sei "absolut inakzeptabel", wie mit den Mietern "umgesprungen wird".

Aufgrund dieser Anzeige leitete die Kripo Ermittlungen ein, sie besuchte am vergangenen Freitag eine Wohnung im dritten Stock. Dort war bis Ende November eine Gastherme an den Kamin angeschlossen. Da es den Mietern zufolge ein modernes Gerät war, schaltete es sich immer wieder automatisch ab, als die Abgase nicht abzogen. So wurde laut Kaminkehrer Udo Voigt verhindert, dass sich das hochgiftige Kohlenmonoxid womöglich in der Wohnung ausbreitet. Nun soll, wie ein Polizeisprecher sagt, das Landeskriminalamt ein Gutachten zur damaligen Gefahrenlage erstellen.

Bußgeld könnte bis zu 5000 Euro betragen

Christian S. hat nicht nur die Kripo im Haus, auch vom städtischen Umweltreferat werde er bald Post bekommen, kündigt eine Sprecherin an. Weil S. den Abbau der Kamine nicht, wie vorgeschrieben, dem Kaminkehrer gemeldet habe, werde ein Bußgeld fällig; dies könne bis zu 5000 Euro betragen.

S. ließ noch vor Weihnachten über seine Anwältin, die zugleich Gesellschafterin der Eigentümerfirma ist, die Kamindemontage verteidigen. Sie sei dringend nötig gewesen, weil die Kamine stark versottet gewesen seien. Dies habe eine Gesundheitsgefährdung der Bewohner dargestellt, nicht aber der Abbruch: "Es bestand zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr." Dem widerspricht der Kaminkehrer Voigt: Die Demontage "ist mit gar nichts zu rechtfertigen".

Jenseits der womöglich strafrechtlich relevanten Vorkommnisse müssen mehrere Mieter mit den Folgen der Arbeiten in dem Altbau zurechtkommen. Manche müssen seit Wochen ihr Wasser auf Elektroplatten erhitzen, teilweise funktioniert die Heizung nicht mehr. Der Vermieter sieht dafür die Schuld bei den Mietern selbst, weil sie Angebote für Elektrogeräte oder eine Alternativwohnung im Haus abgelehnt hätten. Im dritten Stock wurde gegen den Willen der Mieter das Toilettenfenster halb zugemauert. Auf die Frage der SZ nach dem Grund ließ S. über seine Anwältin erklären: "Von Seiten meiner Mandantin wurde in dem Objekt kein Fenster ,zugemauert'." Generell stellt die Anwältin fest, dass man mit allen Mietern "eine sozial verträgliche Lösung herbeizuführen" versuche.

Christian S. ist in der Münchner Immobilienszene kein Unbekannter. Vor rund 15 Jahren machte er Schlagzeilen, weil er im Clinch mit Behörden lag, auch wegen des Denkmalschutzes, und sich mehrmals vor Gericht für seine Sanierungsmethoden verantworten musste.

© SZ vom 14.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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