Wasentegernbach:Schwere Vorwürfe gegen Bahn

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Planer wollen eine sieben Meter hohe Brücke errichten und üben Druck aus. Strukturausschuss spricht von "Erpressung" und "Unverschämtheit" und stimmt dagegen

Von Thomas Daller, Dorfen/Isen

Im Dorfener Ortsteil Wasentegernbach kocht der Volkszorn hoch: Weil im Zuge des zweigleisigen Bahnausbaus alle Bahnübergänge verschwinden und durch Über- oder Unterführungen ersetzt werden, droht der Bau einer sieben Meter hohen Brücke mitten im Ort. Der Strukturausschuss des Landkreises hat sich am Montag Nachmittag mit dem Thema befasst. Da die Bahn auch noch Zeitdruck macht, weil sie bis Ende des Jahres die Planfeststellungsunterlagen einreichen will, sprachen die Ausschussmitglieder Franz Hofstetter (CSU) und Horst Schmidt (SPD) von "Erpressung"; Jakob Schwimmer nannte das Vorgehen "eine Unverschämtheit".

Der Strukturausschuss war nach einer Besichtigungsfahrt zu den ehemaligen Kreismülldeponien im Isener Gasthaus Klement eingekehrt, wo sie bereits von einer Gruppe aufgebrachter Wasentegernbacher erwartet wurden. Sie wussten, dass das Thema auf der Sitzung der öffentlichen Tagesordnung stand.

Markus Baumann, Teilprojektleiter des Bahnausbaus und Vertreter der Südostbayernbahn, stellte die verschiedenen Varianten vor. Die Straße unter die Schiene zu verlegen ist unmöglich, weil man ein Gefälle von bis zu zwölf Prozent in Kauf nehmen müsste. Zwei Varianten einer Ortsumfahrung sind ebenfalls schon ausgeschieden, weil dies zu so langen Umwegen führen würde, dass dies kaum zumutbar wäre. Ferner gibt es noch die Variante mit der sieben Meter hohen Brücke, die rund sechs Millionen Euro kosten würde und eine Troglösung mit Tieferlegung der Bahn für rund 34 Millionen sowie ein kurzer Trog mit einer Brücke von vier Metern Höhe für zwölf Millionen Euro. Die Bahn favorisiert die billigste Lösung für sechs Millionen Euro und bezeichnet sie als wirtschaftlich und zweckdienlich.

Bei der ganzen Planung ist der Landkreis insofern involviert, als es sich um eine Kreisstraße handelt. Dann gibt es auch noch das Eisenbahnkreuzungsgesetz, das die Finanzierung regelt. Demnach zahlt die Bahn ein Drittel, der Bund ein Drittel und ein Drittel der Baulastträger. Der Landkreis will aber die finanziellen Lasten über eine Finanzierungsvereinbarung an die Stadt Dorfen weiter reichen, weil es deren Gebietskörperschaft betrifft.

Der Dorfener Bürgermeister Heinz Grundner (CSU), der Mitglied des Strukturausschusses ist, wies darauf hin, dass der Ausschuss in dieser Sitzung eine Entscheidung treffen müsse. Andernfalls habe die Bahn angekündigt, die sieben Meter hohe Brücke für die Planfeststellung anzumelden: "Das wäre der Super-GAU für Wasentegernbach und würde das Ortsbild komplett zunichte machen."

Dieser enorme Zeitdruck passte auch anderen Ausschussmitgliedern nicht: "Ich fühle mich überfahren", sagte Hans Schreiner (FW). Er stellte den Antrag, die Entscheidung zu vertagen. "Uns läuft die Zeit davon", entgegnete Grundner. Hofstetter monierte, das Verfahren laufe "wie eine Erpressung". Horst Schmidt benutzte den gleichen Begriff und monierte, dieses Verfahren sei "in einem demokratischen Rechtsstaat bedenklich". "So eine Methode ist eine bodenlose Unverschämtheit", schimpfte Jakob Schwimmer (CSU). "So geht man mit Bürgern im 21. Jahrhundert nicht um." Er kündigte einen "Riesenkrach" mit der Bahn an, wenn sie die Variante mit der sieben Meter hohen Brücke weiter verfolge.

Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) bemängelte, die Bahn habe die Schutzgüter Mensch, Landschaftsbild und Ortsbild nicht berücksichtigt. Außerdem sei die Frage des Hochwasserschutzes nicht gelöst. Ferner habe er Zweifel, ob die Gleisabsenkung so hohe Kosten verursache, wie von der Bahn angegeben.

Man einigte sich darauf, dass der Ausschuss die Variante mit der hohen Brücke ablehne. Der Landkreis biete an, sich sie einem Drittel an den Kosten für eine Tieferlegung der bestehenden Gleisanlage zu beteiligen. Es müsse sich aber um eine "deutliche" Tieferlegung handeln. Der Beschluss wurde einstimmig gefasst. Die Zuhörer aus Wasentegernbach klatschen Beifall.

© SZ vom 09.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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