Taufkirchen:Mehr Zeit für Betreuung

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Zwei Drittel weniger Papierkram erfordert die neue Dokumentation, so die Erfahrung im Taufkirchener Seniorenzentrum. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Dokumentation der Pflege in den Seniorenheimen soll entbürokratisiert werden. Das Pichlmayr-Servicezentrum in Taufkirchen hat erfolgreich an der Testphase mitgewirkt

Von Thomas Daller, Taufkirchen

In Pflegeheimen ist die Dokumentation von Leistungen als Zeitfresser gefürchtet; Zeit, die man besser für die eigentliche Pflege aufwenden könnte, statt für Bürokratie. Doch nun ist eine Änderung in Sicht: Im Taufkirchener Senioren-Zentrum wurde im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums eine neue Pflegedokumentation getestet, die sich mit viel weniger Zeitaufwand erstellen lässt. Das Konzept ist simpel: Es werden nicht mehr einzelne Pflegeleistungen dokumentiert, sondern nur noch Abweichungen vom ursprünglich geplanten Tagesablauf. Der Testlauf in Taufkirchen gilt als Erfolg, andere Einrichtungen wollen nun nachziehen.

"Die neue Dokumentation in der Pflege ist deutlich aussagekräftiger, lässt sich mit viel weniger Zeitaufwand erstellen und berücksichtigt die Bedürfnisse unserer Bewohnerinnen und Bewohner besser." Dieses positive Fazit zog Rainer Scherb, der bei den Pichlmayr Wohn- und Pflegeheimen für die Qualitätsentwicklung zuständig ist, nach der Testphase im Taufkirchener Senioren-Service-Zentrum. "Weil nur noch die Abweichungen vom geplanten Tagesablauf dokumentiert werden, sparen die Pflegenden jeden Tag Zeit, in der sie sich direkt um Klienten und Bewohner kümmern können." Die Mitarbeiter in den weiteren 16 Einrichtungen des Pichlmayr-Unternehmens würden nun gespannt auf die Einführung dieses Systems warten.

"Ziel ist es, dass ab dem Sommer zunächst rund ein Viertel aller Dienste und Einrichtungen in Bayern auf das neue System umstellt, erklärte Joachim Görtz, Leiter der Landesgeschäftsstelle München des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (bpa). Da sich das neue System auf die wirklich relevanten Informationen beschränke, hätten sich bereits viele der mehr als 1000 bayerischen Mitgliedsunternehmen an einer Umsetzung interessiert gezeigt. "Pflegekräfte wollen möglichst viel Zeit mit den Klienten und Bewohnern verbringen und sich nicht damit aufhalten, Dinge aufzuschreiben, die später niemand liest und braucht", sagte der bpa-Landesvorsitzende Kai Kasri. Staatssekretär Karl-Josef Laumann sprach sogar vom "größten Entbürokratisierungsprojekt in der Geschichte der Pflegeversicherung".

"Die Kollegen waren ganz begeistert", schilderte Rainer Scherb die Reaktionen in den Taufkirchener Pflegeteams. "Früher hatten wir bei der händischen Dokumentation 30 Blatt Papier, jetzt sind es nur noch etwa zehn Blatt. Also zwei Drittel weniger." Begonnen hatte die Bürokratisierung der Pflege mit der Einführung der Pflegeversicherung. "Dabei ging es ja auch um viel Geld", so Scherb. Im Laufe der Jahre habe dieses System jedoch überbordend zugenommen. Mit dieser Entbürokratisierung habe man nun beginnen können, weil auch der politische Wille vorhanden gewesen sei, sagte Scherb. Nach diesem Testlauf habe er keinerlei Schwächen des neuen Systems erkennen können. "Natürlich erfordert die Umstellung einen erhöhten Aufwand an Personalschulungen. Dieser Prozess dauert bestimmt ein Jahr, bis sich alle Mitarbeiter umgestellt haben. Das ist ja auch tatsächlich ein Paradigmenwechsel in der Pflege." Befürchtungen, dass diese Zeitersparnis zweckentfremdet werden könnte, indem man den Pflegeschlüssel verschlechtert, teilt Scherb nicht: "Deshalb haben sich ja alle Beteiligten zusammengesetzt, damit gerade das nicht passiert. Es ist nun eine Sache des Managements, dass die gewonnene Zeit auch beim Bewohner landet."

© SZ vom 06.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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