St. Wolfgang:Vom Mannslehen zum Frauenkloster

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Weil das Schloss Armstorf einst an der Grenze der freien Reichsgrafschaft Haag zum Herzogtum Bayern stand, durfte es nur an wehrhafte Männer vererbt werden. Heute leben hier Franziskanerinnen, die den Besuchern ihres Bildungshauses Besinnung, Rückzug und Stille bieten

Von Wolfgang Rescher, St. Wolfgang

Wer sich mit Geschichte auseinandersetzt, weiß, dass es im Lauf der Zeit so manche interessante Wendungen gab. Das Schloss Armstorf bei St. Wolfgang beschreibt eine davon. Viele Jahrhunderte lang war Armstorf Sitz von adligen Herrschaften, gewappnet zur Verteidigung der Grenze der Grafschaft Haag - heute ist es ein Ort der Besinnung in der Obhut von Klosterschwestern.

Die erste urkundliche Erwähnung aus dem Jahr 1180 nennt eine Frau als Herrin von Armstorf: Eine gewisse Berta von Armstorf, deren Nachfahren die Hofmark wohl bis Mitte des 14. Jahrhunderts inne hatten. Von Frauen, die Armstorf besaßen, hört man dann erst mal lange nichts mehr, da die Hofmark ein sogenanntes Mannslehen wurde. Das heißt, nur Männer durften erben. Der Grund könnte sein, dass die Hofmark an der nördlichen Grenze der Grafschaft Haag lag - kaum eine halbe Stunde Fußmarsch bis zum herzoglichen Markt Dorfen - und man wollte, dass das Gut wehrhaft blieb.

Von 1359 an, das ist urkundlich belegt, herrschte dann in Armstorf das Geschlecht der Vilser, etwa 100 Jahre später übernahm die Familie der Westacher, die ihren Ursprung in der Nähe von Isen hat. 1622 ließ Johann-Joachim Westacher das alte Schloss abreißen und an dessen Stelle den Renaissance-Bau errichten, der mit einigen Veränderungen und Anbauten noch heute erhalten ist. Der Kupferstich von Michael Wening vermittelt eine Vorstellung, wie die Anlage um 1700 ausgesehen habt.

So ruhig abgelegen wie auf dem Stich von Michael Wening, ist Armstorf heute nicht mehr. (Foto: Repro: Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung)

Nach fast 300 Jahren starb das Geschlecht der Westacher aus und 1729 ging die Hofmark in den Besitz der Grafen von Topor-Morawitzky über, die aus einem der ältesten Adelsgeschlechter Polens stammten. Theodor Heinrich von Morawitzky war in die Dienste von Kurfürst Max Emanuel getreten, vermutlich auf Empfehlung der aus Polen gebürtigen Kurfürstin Therese Kunigunde. Sein Enkel Heinrich Theodor war um 1780 sogar bayerischer Justiz- und Kultusminister. Nach Auflösung der Hofmark 1804 und dem Verkauf 1813 wechselte das Schloss mehrfach den Besitzer.

1925 erwarb der Verein "Kinderheim und Heilstätte Maria Quell" das Schloss. Nach umfangreichen Umbauarbeiten, bei denen das Schloss um den Nordflügel ergänzt wurde, eröffnete die Heilanstalt am 28. September 1926. Der Ruf des Vereins und der Heimleitung war allerdings nach kurzer Zeit so miserabel, dass das erzbischöfliche Ordinariat die Franziskanerinnen aus Au bat, das Heim zu übernehmen. Zwischen 1941 und 1954 diente das ehemalige Schloss als Ausweichstelle für das Kinderkrankenhaus München-Schwabing. In diese Zeit fällt auch der Bau des Südflügels. Bis 1974 führten die Franziskanerinnen das Kinderkrankenhaus zusammen mit einer Schule für Kinderkrankenpflegerinnen in Eigenregie weiter. Eine Suche nach Trägern, die das Krankenhaus weiterführen sollten, blieb erfolglos. Nachdem es für kurze Zeit für Ferien-Freizeiten und als Schullandheim genutzt wurde, begann die Umstrukturierung zum religiösen Bildungshaus.

Zwischen Schloss und Kirche geht heute die Bundesstraße B 15 durch. (Foto: Renate Schmidt)

Heute hat es mehr als 50 Gästezimmer und fünf große Schulungsräume für Seminare, Exerzitien und Besinnungstage. Bestimmten bis vor einigen Jahren noch Priesterseminare und religiöse Kurse das Bild, sind sie heute in der Minderheit. Immer mehr Wirtschaftsunternehmen nehmen das Angebot der Klosterschwestern wahr. "Wir sind sehr gut ausgelastet", sagt Schwester Annunciata: "Ich glaube die Berührung von Kirche und Berufsalltag ist wichtig. Wir sind immer noch ein Teil der Gesellschaft." Sieben Klosterschwestern und zwölf Teilzeitkräfte betreuen die Gäste.

Ein richtige Renner ist die 2013 eingerichtete Franziskusklause. Spartanisch eingerichtet bietet die Eremitage einen Rückzugsort von der Hektik des Alltags. Im Schnitt bleiben die Gäste der Klause für eine Woche, manchen aber auch für zwei oder drei. "Ich hätte nicht gedacht, dass das Angebot so gut ankommt", sagt Schwester Annunciata. "Mir ist wichtig, dass die Menschen erhalten, was sie brauchen", betont sie. Deshalb würde man nicht jeden Interessenten aufnehmen. Erst nach einem Vorgespräch entscheiden die Schwestern, ob ein Aufenthalt für den jeweiligen Gast das Richtig sein könnte. Wie lange die Franziskanerinnen selbst in Armstorf bleiben, ist unklar. Der Altersdurchschnitt der Schwestern liegt bei etwa 65 Jahren. Und der letzte Beitritt zum Orden in Au am Inn liegt 20 Jahre zurück.

© SZ vom 25.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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