St. Wolfgang:Historische Sensation

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Noch ist das Wohnstallhaus bei St. Wolfgang kein Hingucker. Das soll sich aber im Laufe der kommenden Monate ändern. Viele Details des Hauses stammen aus dem 16. Jahrhundert. (Foto: Renate Schmidt)

Ein heruntergekommenes Bauernhaus bei St. Wolfgang entpuppt sich als Kleinod. Es stammt aus dem 16. Jahrhundert. Nun wird das Gebäude aufwendig saniert

Von Mathias Weber, St. Wolfgang

Dass es so etwas noch gibt: Sein ganzes Leben lang hat der einstige Besitzer des uralten Bauernhauses bei St. Wolfgang für sich gelebt, mit seinen Hühner und Kühen. Kein Strom, kein Telefon, nur von der eigenen Milch und den Eiern hat er sich ernährt, Butter hat er selbst gemacht und einmal in der Woche hat er ein Kilo Zwiebeln gekauft - ein richtiger Einsiedler. Geschadet hat dieser Lebensstil diesem Einsiedler nicht, er ist mittlerweile 86 Jahre alt - und offenbar immer noch fit.

Noch viel älter ist aber das Haus, in dem er bis vor wenigen Jahren noch wohnte - und es ist ein historisches Kleinod. Lange wusste das aber niemand: Der einstiege Besitzer lebt jetzt im Altersheim, seine Schwester wollte das heruntergekommene Haus loswerden. Anton Daumoser aber hatte Verwendung, man kannte sich und das Haus ging in den Besitz des St. Wolfgangers über.

Dann die Überraschung, wie Daumoser jetzt erzählt: Eigentlich wollte er das Haus abreißen und ein neues bauen, für seine Kinder. Den Antrag hat er an das Landratsamt gestellt, "aber dann war es schnell vorbei mit dem Neubau". Der Denkmalschutz hat nämlich herausgefunden, dass das Haus, ein so genanntes Wohnstallhaus, historisch ist. Und die Experten können das Alter sogar ziemlich genau datieren: Das Holz des Kniestocks wurde im Jahr 1580 geschlagen.

Was die Experten über das unscheinbare einstöckige Haus, dessen Giebelseite unmittelbar vor einem hoch aufragenden Hang liegt, herausgefunden haben, ist faszinierend: Seine Geschichte ist bis ins Jahr 1130 zurückverfolgbar, damals wurde dort schon eine Herdstelle eingerichtet. Seit seiner Erbauung im 16. Jahrhundert wird der auf einem tonnengewölbten Kellergeschoss errichtete Bau als Bauernhaus genutzt. Der Wohnteil ist mit seinem Giebel zum Tal hin ausgerichtet, der Wirtschaftsteil steht zum Hang, in den hinein er 1850 verlängert wurde. 1930 wurde die Außenmauer des Erdgeschosses in Ziegelbauweise erneuert, im Innern der Blockbalkenbau aber weiter erhalten. Manche Ausstattungsteile wie Böden und Türen stammen aus der Zeit um 1950, der Kachelofen in der Stube aus den 1920er Jahren.

Das Obergeschoss ist zum Großteil noch genau so erhalten, wie es zur Bauzeit im 16. Jahrhundert eingerichtet wurde. Insbesondere die niedrigen Türen und die kleinen quadratischen Fenster mit zum Teil originalen Schiebefenstern blieben bis heute unverändert. Spannend für Historiker: Die Räume spiegeln somit anschaulich die Bau- und Lebensweise vergangener Jahrhunderte wider.

Allerdings stellt dieser historische Schatz Anton Daumoser vor Probleme. Das Haus darf natürlich nicht abgerissen werden, es soll nun aufwendig saniert und schließlich doch zu einem Wohnhaus umgebaut werden. Doch manche Räume, sagt Daumoser, hätten nur eine Deckenhöhe von 1,50 Meter - wohnen unmöglich. Außerdem ist die Basis des Hauses in einem miserablen Zustand. Derzeit stellt Daumoser die Wände des Hauses wieder auf ein starkes Fundament, bereinigt den Sockel und befestigt ihn mit Beton. Das ganze Haus muss irgendwann verkabelt werden, die Böden müssen raus, alle Zimmer müssen trocken gelegt werden. "Arbeit ohne Ende", sagt Daumoser.

Dass das Haus unter Denkmalschutz gestellt wurde, hat ihn natürlich überrascht. Aber er versucht nun das beste draus zu machen: Ein Architekt begleitet das Projekt, zwei Wohneinheiten sollen am Ende entstehen, 240 Quadratmeter Fläche sind vorhanden. Finanzielle aber ist das Ganze nicht leicht zu stemmen. Für einen Teil der Sanierungskosten kann er auf Zuschüsse hoffen, das Landratsamt etwa und der Regierungsbezirk helfen mit. Auch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die größte private Initiative für den Denkmalschutz in Deutschland, gibt Geld: Daumoser wurde ein Zuschuss von 40 000 Euro bewilligt. Trotzdem, sagt Anton Daumoser, koste ihn persönlich die Sanierung am Ende mehr als ein Neubau. Lohnen dürfte sich der Aufwand allerdings schon, sagt Daumoser. Eingebettet in die Hügellandschaft bei St. Wolfgang wird das grundsanierte Denkmal ein wohnliches Zuhause bieten. Und es wird Aufsehen erregen: Die ersten Interessierten haben den Weg zum Haus schon gefunden.

© SZ vom 11.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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